Besonders Rosen sind eine Leckerei. Besucher sind wegen des zerstörten Grabschmucks verärgert und haben sich im Rathaus beschwert.

Neu Wulmstorf. Rehe haben den Friedhof in Neu Wulmstorf als "Restaurant" entdeckt: Die Tiere fressen mit Vorliebe die Blüten der Blumen, die Trauergäste auf die Gräber legen. Besonders Rosen sind eine Leckerei. Besucher sind wegen des zerstörten Grabschmucks verärgert und haben sich im Rathaus beschwert. Mit der Wahl ihres neuen Lebensraumes haben die Rehe den richtigen Riecher bewiesen: Die Jagd auf dem Friedhof ist verboten.

Vermutlich sind es vier Rehe, die sich dauerhaft auf dem Friedhof tummeln. Offenbar haben sie dort Nachwuchs bekommen. Alle Versuche des Personals von Baubetriebshof und Friedhofsverwaltung jedenfalls, die schnellen Tiere vom Friedhof zu vertreiben, sind bisher fehlgeschlagen. Nun will die Gemeindeverwaltung in einer groß angelegten Aktion gemeinsam mit der Feuerwehr und Helfern des Vereins Heidesiedlung versuchen, die Rehe zu verscheuchen.

Problem für die Scheuchtrupps: Der Friedhof an der Lutherkirche in Neu Wulmstorf ist 72 000 Quadratmeter groß und bietet genug Rückzugsfläche - ein Park, in dem zwei Drittel der Gesamtfläche Grünfläche ist. Rehe wittern Menschen schon aus 300 bis 400 Meter Entfernung. Bis die hungrigen "Grabschänder" vertrieben sind, gibt die Friedhofsverwaltung an Besucher sogenannte Vergrämungsmittel aus. Das sind Duftstoffe, die den empfindlichen Nasen der Rehe gar nicht bekommen und die Tiere von den Gräbern fernhalten sollen. "Das sind biologische Abwehrmittel", sagt Bürgermeister Wolf Rosenzweig (SPD), "die Tiere fallen davon nicht um."

Der zuständige Jagdpächter werde nun außerhalb des Friedhofsgeländes Rehe jagen, teilt die Gemeindeverwaltung mit. Zurzeit dürfen nur Rehböcke geschossen werden. Die Verwaltung hat inzwischen auch schon mit Maßnahmen zum "passiven Rehschutz" reagiert: An einigen Stellen kaputte Zäune sind repariert worden.

Mitarbeiter haben im Süden des Friedhofs zur Erhöhung des Zaunes Draht gespannt. Als Einfallstor gilt im Moment der 1,40 Meter hohe Zaun im Nordwesten. Jäger hatten die Höhe ursprünglich für ausreichend gehalten - aber: "Die Rehe springen da offenbar rüber", sagt Wolf Rosenzweig. Zum dauerhaften Schutz vor Rehen will die Gemeinde den Friedhofszaun auf zwei Meter erhöhen. Das geht aber erst 2012 - das Geld muss erst in den Haushaltsberatungen vom Gemeinderat bewilligt werden.

Rehe haben bei Neu Wulmstorf in den beiden benachbarten Naturschutzgebieten Fischbeker Heide und Wulmstorfer Heide, dem früheren Truppenübungsplatz der Röttiger-Kaserne, eigentlich einen großen natürlichen Lebensraum. Experten vermuten, dass wegen des harten Winters heute die Nahrung knapp ist. Die Folge: Rehe legen ihre Scheu ab und wagen sich in die Siedlungen der Menschen vor. Vor einigen Jahren hatten sich Wildschweine bis in das Freibad im Neu Wulmstorfer Süden vorgewagt.