136 Kinder sind in diesem Jahr bei der Sommerfreizeit am Rande des Dockville-Festivals auf der Elbinsel Wilhelmsburg dabei.

Wilhelmsburg. Von einem Feriencamp in die Bühnenshow eines HipHop-Stars - eine solche Karriere macht wohl nur "Lüttville" möglich: Im Kunstcamp des Dockville-Festivals übt Tanzlehrer Tobias Galke von der HipHop Academy zurzeit mit 16 Jungen und Mädchen aus Wilhelmsburg und Veddel eine Choreografie ein. Sechs Tage haben die zehn bis 14 Jahre alten Kinder und Jugendlichen Zeit, damit die "Moves" wie im Schlaf sitzen. Sechs Tage inklusive Abschlussfest, so lange dauert "Lüttville", die künstlerische Ferienfreizeit des Dockville-Festivals. Beim großen Hamburger Open-Air-Festival vom 12 bis 14. August werden die jungen Tänzer dann mit dem Berliner Rapper Marteria auftreten - vor mehreren tausend Zuschauern.

Dass die "Lütten" der kostenlosen Sommerfreizeit anschließend mit Stars auf die Bühne dürfen, hat mittlerweile Tradition bei Dockville. Neu in diesem Jahr ist, dass auch noch ein Kinderchor groß raus kommt: Gemeinsam mit den Tänzern performen noch zwölf Sänger mit Marteria den Song "Seit dem Tag, an dem Michael Jackson starb".

Ein Rapper zusammen mit 28 Kindern - bei dem Verbrecher-Image, mit dem sich die HipHop-Zunft gerne inszeniert, dürfte das schon als kulturelle Sensation gelten. Marteria habe sofort zugesagt, als die Festivalmacher bei ihm anfragten, die "Lütten" bei seinem Auftritt unterzubringen. "Sie rappen polyphon", sagt Lüttville-Chef Max von Redecker, "und irgendwann wird Marteria das Rappen einstellen und die Kinder machen lassen." Marteria, 2010 mit dem Song "Zum Glück in die Zukunft" auf Platz sieben in die deutschen Charts, gilt als Freund von Jan Delay. Der Hamburger Hip-Hopper trat im vergangenen Jahr zusammen mit den "Lüttville"-Kindern auf.

Tobias Galke ist sicher, dass die Wilhelmsburger Kinder wieder eine gute Figur abgeben: "Von brav bis temperamentvoll ist alles dabei", sagt er, "die Gruppe entfaltet eine starke Energie." Die zwölf Jahre alte Fenina liebt das Tanzen, macht deshalb in dem "Lüttville-Workshop mit: "Ich hatte erst Angst, dass die Schritte zu schwer sein könnten, aber jetzt ist alles kein Problem."

"Lüttville", die etwas andere Jugendfreizeit in Wilhelmsburg, gibt es mittlerweile im vierten Jahr. Vereine und Bildungsträger arbeiten dabei mit dem Dockville-Veranstalter zusammen. Inzwischen ist sogar ein früherer Teilnehmer in die Rolle des Betreuers gewechselt: Luca Heydt, 16, hatte sich 2009 für den HipHop-Kursus angemeldet. Heute betreut er zusammen mit Tobias Galke die lütten Tänzer. Als Erfahrener wird er sich in die Choreographie beim Marteria-Auftritt mit einreihen. An seinen Tanzschritten können sich die Jüngeren orientieren.

Das Beispiel Luca Heydt steht für die Kontinuität des "Lüttville"-Feriencamps. Wenn die Internationale Bauausstellung Hamburg (IBA) 2013 als zurzeit noch größter Geldgeber ausscheidet, müssen andere Sponsoren die Lücke füllen. Etwa 40 000 Euro kostet das Sommercamp für 130 Kinder. Dockville habe bereits damit begonnen, zusätzliche Förderer zu gewinnen, sagt Festival-Sprecher Jean Rehders. "Lüttville", eine Herzenssache, werde es auch nach dem Ende der IBA 2013 weiter geben: "Lüttville, das Kunstcamp und Dockville sind zusammengehörende Elemente", so Jean Rehders.

136 Kinder im Alter bis zu 14 Jahren haben sich in diesem Jahr angemeldet - so viel wie nie zuvor. Insgesamt 60 junge Erwachsene sind am Gelingen des Camps beteiligt, Die Teilnahme ist kostenlos. In elf Workshops auf dem Festival-Gelände am Reiherstieg Hauptdeich machen sich die Kinder und Jugendlichen spielerisch mit Kunst im näheren und weiteren Sinne vertraut.

Zum ersten Mal dabei ist die Kurzfilmagentur Hamburg. Auf Wunsch der Kinder drehen die Filmemacher einen Zombie-Film. Dabei wird auch schon mal diskutiert, ob drei oder fünf Menschen sterben sollen. Morbide ist das dennoch nie: "Wir setzen das lustig um", sagt Zombie-Darstellerin Jana, 13, aus Heimfeld. Zum Beispiel, wenn Untote aus ihren Wohnungen kommen: Kulisse dabei sind die Dixie-Klos auf dem Festival-Gelände.