Ein altes Sprichwort lautet: "Wer barfuß geht, den drücken die Schuhe nicht". Wie man auch immer dieses Sprichwort als bildhaften symbolischen Vergleich für verschiedene Lebens-Situationen interpretieren kann, eins steht fest: Barfuß gehen ist für beschuhte urbane Pflaster-Flaneure wie mich, oft eine recht schmerzhafte Art der Fortbewegung. Zumindest in unasphaltierter freier Natur.

Barfuß in Sandalen bin ich in den Sommermonaten oft unterwegs. Doch auf allen Wegen bin ich dann durch stabile Sohlen geschützt. Kürzlich machte ich mich leichtsinnig barfuß auf die Socken ohne meine Sandalen, die weitab von mir am Strand standen. Bei jedem Schritt spürte ich jedes spitze Steinchen, jeden pieksenden abgebrochenen Zweig, jede kleine Unebenheit unter dichten Grasbüscheln. Ich versuchte die Füße leichter aufzusetzen, damit das Auftreten nicht so heftig war. Außerdem bemühte ich mich, das Gewicht etwas stärker auf die Ballen zu verlagern. Mit hochgezogenen Schultern und gesenktem Blick tänzelte ich fast auf den Fußspitzen balancierend, einen Feldweg entlang, als wäre er mit glühenden Kohlen gepflastert. Vor langer Zeit fühlte sich so die Welt während des Sommers an meinen nackten Kinderfüßen an: kühl und warm, feucht und trocken, hart und weich, pieksend und glatt. Und während das Auftreten von Schritt zu Schritt

leichter wurde, fielen mir die Sommerferien meiner Kindheit wieder ein. Als alle Tage eine ununterbrochene ewige Gegenwart voller Abenteuer waren. Und die Ferien ein ganzes Leben lang zu dauern schienen. Für einen Augenblick entführte mich die Erinnerung aus dem Jetzt und Hier. Ich tapste barfuß in die Kindheit.