Gold gilt als sichere Anlage in der Krise. Unsere Reporterin aus Harburg hat ausprobiert, wo es das meiste Geld für einen Krügerrand gibt.

Harburg. "Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles." Was schon Goethe ausrief, ist heute wieder höchst aktuell. Angesichts der Eurokrise, Staatspleiten und steigender Schulden vertrauen viele Sparer nicht mehr auf stabile Wechselkurse, sie sehnen sich nach Sicherheit - beste Zeiten für Besitzer von Gold. Das Edelmetall ist so hoch im Kurs wie nie, wer jetzt verkauft, kann stattliche Preise erzielen. Aber wie viel ist eine Feinunze Gold wirklich wert bei Banken, Goldhökern oder Pfandleihern?

Ausgerüstet mit einem südafrikanischen Krügerrand, angeblich ein Erbstück aus der Familie, probiere ich es in der Harburger Innenstadt aus. Mein Ziel: Ich will das Gold zu Geld machen, zu möglichst viel Geld. Zuerst versuche ich es in einer Filiale der Haspa. Die Mitarbeiterin am Serviceschalter ist sichtlich überrascht, als ich ihr die schimmernde Münze mit dem Konterfei Paul Krugers über den Tisch schiebe. Sie sieht zum ersten Mal einen echten Krügerrand, ahnt jedoch sofort, worum es sich hier handelt. Nach kurzer Rücksprache mit zwei Kolleginnen findet sie im Computer die entsprechende Münze und ihren Wert. "Wir würden Ihnen heute 1100 Euro dafür zahlen." Allerdings kann ich das Gold nicht sofort hier am Tresen in Euro wechseln. Das ist nur in der Zentrale in der Hamburger Innenstadt möglich, wo die hilfsbereite Mitarbeiterin kurz nachfragt und dann darauf hinweist, dass ich zum Verkauf einen Ausweis mitbringen müsste.

Ich verlasse die Haspa und betrete nebenan die Commerzbank. Sollte bei dem Berater ein Stück Gold Herzklopfen auslösen, so lässt er sich das nicht anmerken. Routiniert greift er nach der Münze und öffnet ein Fenster auf seinem Bildschirm: der aktuelle Kurs liegt bei 1086,50 Euro für eine Feinunze Gold. Ob das, was da vor ihm liegt, tatsächlich eine ganze Unze ist, kann er jedoch nur vermuten.

Ich weiß es bereits, interessiere mich aber mehr für den zweiten Preis, der in seiner Tabelle auftaucht. Wer bei der Commerzbank einen Krügerrand kauft, zahlt dafür an diesem Tag 1171,50 Euro. Was hat es mit der Differenz von etwa 85 Euro zum Ankaufspreis auf sich? Das seien Kosten für Lagerung und Transport, erklärt der Mitarbeiter. Auch bei der Haspa liegt der Verkaufspreis 62 Euro über dem Preis, der mir für die Münze gezahlt würde.

Die Commerzbank lässt das angenommene Gold in Frankfurt auf Echtheit prüfen. Erst bei einem positiven Ergebnis bekomme ich mein Geld - dann gelte natürlich der Kurs vom Abgabetag, versichert mir der smarte Berater. Später frage ich dasselbe in der Hypovereinsbank. Dort wird das Edelmetall - aktueller Wert dort: 1087 Euro - nach München geschickt und der ausgezahlte Preis richtet sich nach dem Kurs am Tag des Prüfergebnisses.

Der Commerzbankmitarbeiter zeigt mir noch die Goldpreisentwicklung der vergangenen Jahre, eine goldene Kurve klettert auf der Grafik steil nach oben. Eine Prognose für die weitere Entwicklung mag er nicht abgeben. Nur soviel: "Angst um den Euro schürt den Goldpreis." Da ich offensichtlich auf einen Höchstpreis aus bin, gibt er mir den Tipp, meine Münze einem Goldhändler anzubieten. Der betreibt seinen Laden für Goldankauf nur ein paar Schritte entfernt, in einem spartanisch eingerichteten Raum mit zwei Schmuckvitrinen und einer Fensterfront, an der ein paar lose Blätter mit Informationen zum Geschäft kleben. Der Händler wiegt den Krügerrand, 33,93 Gramm bringt die Münze auf die Waage. Für eine genauere Prüfung - ihn interessiert nur das Feingold, nicht die hübsche Münzprägung - würde der Goldhändler, der nur einen schlichten Ehering und eine silberne Uhr trägt, zur Säge greifen.

Ich greife ein und frage, was für mich dabei abfallen würde. 1020 Euro bietet er spontan für die Münze. Wenn ich die notwendigen Papiere für den Krügerrand vorlegen könnte, wäre auch mehr drin. Und auch er würde bei einem Kauf einen Ausweis sehen wollen. Trotzdem rät der Händler, der vor allem Goldschmuck kauft und einschmelzen lässt, mit der Münze in eine Bank zu gehen. "Damit sind Sie auf der sicheren Seite. Aber versuchen Sie es bloß nicht übers Internet."

Nein, ich gehe lieber noch zu einem anderen Geschäft, das schrill für Ankauf von Münzen, Schmuck und Zahngold wirbt. Der kleine Raum ist so sparsam eingerichtet, wie ein Werbestand im Einkaufszentrum. Zwei Vitrinen, ein Tresen mit einer Waage darauf. Die Mitarbeiterin, die zwischen Tresen und einer hellen Trennwand die Leute auf der Straße beobachtet hat, wiegt die Münze, tippt Zahlen in einen Taschenrechner, schiebt das Gold zurück in meine Richtung und sagt: "780,90 Euro." Eindeutig der schlechteste Preis bisher. Schmuck ginge besser, sagt die Mitarbeiterin. Viele Leute kämen zurzeit in den Laden, um zum Beispiel geerbten Schmuck zu Geld zu machen.

Omas Juwelen kann ich aber auch nicht an eine preisgebundene Bank verkaufen, denke ich mir, verlasse das Geschäft und steuere ein Pfandhaus an. Dort wird der Krügerrand sofort genau unter die Lupe genommen. Eine Mitarbeiterin legt ihn erst auf eine Waage, versenkt ihn dann in einem Wasserzylinder, klemmt ihn zwischen ein Messgerät und betrachtet ihn durch eine Lupe. Als ich das gute Stück trocken und sauber zurückbekomme, schaut sie mich ausdruckslos von ihrer Seite des Schalters an. "910 Euro." Und auch bei meinem letzten Versuch ist nicht viel mehr zu holen. Der Juwelier drückt mir nach einer kurzen Begutachtung einen Ausdruck in die Hand. 964 Euro bekäme ich hier für das Goldstück.

Wollte ich es wirklich verkaufen, würde ich wohl zurück zu einer Bank gehen, an diesem Tag hat die Haspa das meiste Geld geboten. Deren Tageskurs lag fast 320 Euro über dem niedrigsten Angebot beim Goldhändler.

Eine Umfrage unter Passanten zeigt, dass das Vertrauen in Gold zwar groß ist, eine Investition mittlerweile aber wenig attraktiv scheint. "Schmuck und Münzen, die ich schon besitze, behalte ich auf jeden Fall. Wenn ich es zum Beispiel für Pflege im Alter brauche, kann ich dieses Gold zu Geld machen", sagt Monika Wilkens. Andere Investitionen sind ihr zu riskant. "Ich traue keiner Bank, das Geld unter der Matratze ist mir am sichersten für meine Altersvorsorge." Viele ihrer Bekannten hätten in den vergangenen Jahren Geld verloren, sagt die Unternehmerin, die einen Alten- und Krankenpflegedienst in Neugraben betreibt. "Da ist es doch kein Wunder, dass man wieder auf den guten alten Sparstrumpf vertraut." Reinhard Petersen aus Neu Wulmstorf setzt dagegen auf die eigene Immobilie. "Mein eigenes Häuschen ist die konservativste und sicherste Anlage. Das hält auch einer Inflation stand." Gold sei ihm zu teuer, lieber gebe er sein Geld für einen Urlaub aus. "Man muss auch das Leben genießen." Das sieht Jan Kürzinger ähnlich. Der Designer aus dem Harburger Hafen hat keine Zeit, sich mit komplizierten Anlagestrategien auseinanderzusetzen. "Aber wenn ich Geld zu investieren hätte, würde ich eher eine Immobilie als Gold kaufen."