Michael Kinner hat in einer Operation gleich zwei künstliche Gelenke bekommen. Kurz danach konnte er wieder aufrecht gehen.

Buchholz. Mit langen Schritten geht Michael Kinner durch das Behandlungszimmer. Am Ende angekommen, dreht er um und schreitet zurück zur gegenüberliegenden Wand. Nichts deutet darauf hin, dass sein Körper seit wenigen Wochen von zwei künstlichen Hüftgelenken getragen wird. Ja, er sei ganz zufrieden mit seiner neu erlangten Beweglichkeit, sagt Michael Kinner. "Aber mein Ziel sind 100 Prozent."

Ganz oder gar nicht, so ist der Hittfelder auch die Operation angegangen. Hatte er vorher jahrelang die Diagnose Arthrose ignoriert, kam an einem Sommertag im vergangenen Jahr das böse Erwachen. Michael Kinner konnte sich morgens nicht mehr richtig aufrichten, der durch die Arthrose abgenutzte Knochen war um sein Hüftgelenk herum gewachsen. Um etwa 20 Grad war er vornübergebeugt, die Treppe in seinem Haus kroch er auf allen vieren hinauf. Lag er auf dem Rücken, ragten seine Beine in die Luft.

Nach gründlicher Recherche - er guckte sich sogar ein Internetvideo über eine Hüftoperation an - entschied sich Michael Kinner für das volle Programm. "Ich wollte nicht operiert werden und ein halbes Jahr später das Ganze für die andere Seite wiederholen." Deshalb wählte er die Doppel-OP im Krankenhaus Buchholz, bei der minimal-invasiv, das heißt nur über einen kleinen Schnitt, vor vorn operiert wird.

In einem dreistündigen Eingriff ersetzte das Ärzteteam seine maroden Hüftgelenke durch zwei Gelenke aus Titan, die mit einem speziellen Knochenwachstumsstoff beschichtet sind. "Herr Kinner war ein idealer Patient für diesen Eingriff, weil er auf beiden Seiten gebeugt war", erklärt Dr. Bernd Hinkenjann., Chefarzt der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie. "Hätten wir nacheinander operiert, hätte er in der Zwischenzeit schief gehen müssen." Zudem sei die Methode ökonomisch sinnvoll, da der Patient nur einmal im Krankenhaus sei und nur eine Reha brauche.

Als Michael Kinner aus der Narkose erwachte, spürte er die lange Operation und den Blutverlust noch in den Knochen. "Ich war müde und schlapp, so als hätte ich drei Wochen hart gearbeitet." So konnte er nicht, wie Patienten mit nur einer neuen Hüfte üblicherweise, sofort aufstehen. Doch am zweiten Tag nach dem Eingriff machte er die ersten Gehversuche mit den künstlichen Gelenken. "Ich stand ziemlich aufrecht und merkte sofort, dass ich größer geworden war." Drei Tage habe er leichte Muskelschmerzen gehabt, sagt der 57-Jährige, der an einem Dienstag im Mai operiert wurde. "Am Wochenende konnte ich mit Krücken schon einen Kilometer laufen. Und bis heute habe ich keine richtigen Schmerzen." Nach zehn Tagen konnte er das Krankenhaus verlassen, entschied sich für eine ambulante Reha bei einem Therapeuten in Hittfeld. Auf mehrere Wochen in einer Rehaklinik hätte er keine Lust gehabt, sagt der selbstständige Unternehmensberater. "Ich hatte gehört, dass man da immer so früh aufstehen muss."

Wie ein Roboter sei er anfangs gelaufen, berichtet Kinner. Doch mit Therapie und Lymphdrainagen ging das Laufen schon bald besser. "Man muss natürlich auch selbst an sich arbeiten." Das sei nicht immer einfach gewesen, sagt Kinner und wird kurz nachdenklich. Die Belastung kurz nach der OP war hoch. "Es gab auch eine Phase, in der ich keine Lust mehr hatte." Doch der ehrenamtliche Judotrainer von Blau-Weiss Buchholz ging die Genesung sportlich an. Jeden Tag einen Kilometer zu laufen, das war seine selbst verordnete Therapie. "Aber das war doch etwas zu viel." Trotzdem zieht es ihn jetzt schon wieder auf die Judomatte. Doch ein vorsichtiger Seitenblick zu Dr. Hinkenjann bestätigt seine Befürchtung. Judo ist zu gefährlich, beim Fallen könnte der Keramikteil des neuen Gelenks springen.

Jetzt läuft Michael Kinner so viel es geht, auch Autofahren klappt gut. Nur mit den Knien hat er noch Probleme. Ob er schon in die tiefe Hocke gehen dürfe, fragt er. Der Arzt mahnt zu Geduld. Drei Monate solle der Patient sich etwas schonen, dann sollte ein normaler Alltag möglich sein. Das gefällt Michael Kinner. "Ganz normal zu gehen, das ist mein größter Wunsch."