Von einem “Wunder“ spricht die Lüneburger Heide GmbH in einer Mitteilung. Es gebe nach 78 Jahren wieder Wasser im “Hungerpohl“.

Undeloh. Der kleine Teich nördlich vom Ort sei seit 1933 ausgetrocknet gewesen. Wasser im Hungerpohl deute auf einen trockenen Sommer hin.

Doch bei genauerem Nachfragen entpuppt sich das Mirakel als PR-Gag. Der Undeloher Bürgermeister Albert Homann (CDU), bei dem dauernd das Telefon klingelte, ist deutlich hörbar sauer auf die touristischen Vermarkter der Heide. Wasser im Hungerpohl gebe es nur, "wenn man es hinbringt". Die spektakuläre Meldung vom angeblichen Wunder sei schlicht "eine Frechheit". Die Geschichte sei "gesponnen", ehe man so was veröffentliche, "sollte man sich erkundigen".

Doch die Lüneburger Heide GmbH wusste von Anfang an ganz genau, wie das Wunder zustande kam, wie Benjamin Roolfs, der Leiter Touristik im Landkreis Harburg bei der Lüneburger Heide GmbH, einräumt: Das WDR-Fernsehen drehte am vergangenen Sonnabend mehrere Stunden lang in Undeloh. Wieder und wieder mussten die Laiendarsteller vom Theaterverein "Ebendörper Immenschworm" aus Evendorf die Szenen nachspielen, die den Hungerpohl einst zur Legende gemacht hatten.

So soll nach einer Sage der heidnischen Langobarden, die einst hier lebten, die Quelle wundertätige Heilwirkung gehabt haben. Die Göttin Ostara soll einem blinden Mädchen durch das Wasser vom Hungerpohl das Augenlicht zurückgegeben haben. Sogar Kaiser Karl der Große soll sich das Mirakel aus heidnischer Zeit angesehen haben. Außerdem wurde dem kleinen Quellteich eine hellseherische Fähigkeit zugeschrieben: Wenig Wasser bedeutete eine gute Ernte, überlaufendes Wasser deutete auf eine magere Ernte und in der Folge auf ein Hungerjahr hin.

"Zuletzt geschah das Wunder von Undeloh 1933", vermeldet die Lüneburger Heide GmbH, doch nun sei es erneut passiert: "Spaziergänger wurden zuerst aufmerksam", sie hätten am vergangenen Sonnabend "vom plötzlichen Wasserstand im bisher ausgetrockneten" Teich berichtet. Und weiter: "Der Hungerpohl galt bis in die 30er-Jahre als Naturwunder, denn in sehr trockenen Jahren quoll der Teich über, in Regenjahren versiegte er. So zeigte er durch seinen Wasserstand die zu erwartende Getreideernte an. Kaufleute aus den Hansestädten Lübeck, Lüneburg und Hamburg schickten ihre Boten hierher, um festzustellen, wie der Wasserstand war. Danach wurden die Getreidepreise kalkuliert."

In der Verlautbarung der Lüneburger Heide GmbH wird Benjamin Roolfs zitiert: "Die Aufregung ist groß (...) 78 Jahre gab es kein Wasser mehr, warum jetzt auf einmal?" Ob sich ein neues Wunder anbahnt und damit einen trockenen Sommer prophezeit, sei nicht klar.

In Wahrheit war es die Undeloher Feuerwehr, die den kleinen Teich am Sonnabend voll pumpte, damit der WDR hier die Legende vom Hungerpohl nachstellen konnte. Gedreht wurde unter anderem auch in Salzhausen und Schneverdingen. Die WDR-Sendung über die Lüneburger Heide soll im September ausgestrahlt werden.

"Wir können ja nicht immer nur den Schäfer mit seiner Herde zeigen", schließlich habe die Heide jede Menge Vielfalt zu bieten, erklärt Benjamin Roolfs beim Lokaltermin am - längst wieder trockenen - Teich. "Ein bisschen Loch Ness, ein bisschen provokativ" sollte die Mitteilung schon sein, sagt Roolfs. Die Heide "im Gespräch halten und Stoff liefern", sei schließlich die Aufgabe der touristischen Dachgesellschaft.

Viel besser aber, wenn die Geschichte authentisch gewesen wäre: Eine echte jährliche Sommerwetterprognose durch den Hungerpohl würde wohl viele Touristen anlocken und zu einer echten Attraktion werden.

Verschiedene Quellen im Internet haben die Geschichte inzwischen, offenbar ungeprüft, aufgegriffen.