Obwohl die Städte und Dörfer wie ausgestorben im Sommerloch liegen, bilden sich hier und dort Schlangen, die es in sich haben.

Wo kommen die Menschen plötzlich her, frage ich mich in Hinblick auf die ansonsten gähnende Leere. Nun hat just ein Schuhhaus seine riesige Dependance - neudeutschenglisch Outlet - im Landkreis ins Leben gerufen. Angesichts schwieriger Füße mit Ballen und anderen Fehlstellungen, gepaart mit der Neigung der meisten Frauen zu mehr als zwölf Paar Schuhen im Schrank, wundert mich jene 20 Meter lange Schlange am Eröffnungstag nicht. Ich war ja auch da und beobachtete geduldig, wie sich der Wurm durch die Halle bis zur Kasse schlich.

Ansonsten nicht gerade mit englischer Anstellmentalität gesegnet, begeben sich unsere Landsleute eben gern mal in den Reih-und-Glied-Stau, nämlich dann, wenn es etwas gibt, was das Lebensgefühl bereichert.

Eis zum Beispiel. Eisdielen mit Geheimtippfaktor können von geduldigen Über-Zehnmeterschlangen berichten. Oder Autogramm-Situationen. Die Autorinnen Siri Hustvedt und Margot Käßmann wissen, was es heißt, in der Buchhandlung und im Theater einer nicht enden wollenden Reihe interessierter Hamburger Mitmenschen gegenüber zu sitzen, kein Ende zu sehen und immer nett weiter zu lächeln und zu schreiben.

Darüber hinaus gibt es auch die natürliche Neigung der Leute, dort etwas Interessantes zu vermuten, wo viele anstehen. Eine Schlange ist die beste Werbung für das, was es ganz vorn zu sehen und zu kaufen gibt. Je länger umso spannender.