Chefdramaturg Friedrich von Mansberg spricht über Defizit im Etat

Das Lüneburger Theater ist erfolgreich, das belegen gestiegene Besucherzahlen der letzten Spielzeit. Doch auch das Schauspielhaus muss sparen und wird darum die Eintrittspreise erhöhen. Einschnitte in Sparten oder die Privatisierung des Vorverkaufs sind nicht vorgesehen.

Harburger Rundschau:

Herr von Mansberg, der neue Theatervertrag mit dem Land ist geschlossen, doch schon jetzt ist absehbar, dass im Etat der Bühne ein Defizit von mehreren Hunderttausend Euro bleiben wird. Immer wieder hören wir dieser Tage den Vorschlag, weiter an den Betriebskosten der Bühne zu sparen. Sehen Sie da noch Möglichkeiten?

Friedrich von Mansberg:

Bei den Überlegungen, die angestellt werden um das Loch zu stopfen, ist ein Eigenbetrag des Theaters ja durchaus vorgesehen. Viel ist allerdings nicht mehr drin. Unsere Kosten sind vor allem Personalkosten - wir arbeiten aber, was die Personalstärke angeht, bereits auf Privattheaterniveau. An Häusern mit vergleichbarer Größe sind sonst oft zwei bis drei Personen mit Arbeiten betraut, die bei uns nur einer macht. Das heißt, weitere Personalreduktionen sind nicht möglich. Und auch unsere Verwaltung ist bereits so schlank wie es irgend geht. Das grundsätzliche Problem lässt sich über weitere Kürzungen in diesem Bereich nicht lösen.

Im Moment hören wir eine Menge Sparvorschläge, die eher hilflos wirken. Es geht auch darum, ob man den Kartenvorverkauf in private Hände legen sollte oder die Garderobe im Theater in Zukunft kostenpflichtig sein sollte. Das senkt die Kosten nicht entscheidend, oder?

von Mansberg:

Wir werden auf jeden Fall die Eintrittspreise erhöhen müssen - ich glaube auch, dass dafür eine Akzeptanz in der Öffentlichkeit besteht. Im Übrigen haben wir an einigen Stellen bereits versucht, die Spendenbereitschaft unseres Publikums zu locken. So stehen an den Garderoben und beim Theatercafé jetzt Spendendosen, auch Programmhefte geben wir seit der letzten Spielzeit gegen Spende ab. Solche Methoden sind uns nicht fremd, sie helfen auch, aber sie lösen das Strukturproblem nicht. Die Theaterkasse ist ein besonderer Punkt: Dort sitzen zwei Leute, die betreuen rund 400 Veranstaltungen im Jahr. Gerade unsere Stammkunden erwarten zu Recht, dass sie an der Theaterkasse mit einiger Kompetenz betreut werden. Der direkte Kontakt mit unseren Zuschauern an der Theaterkasse ist ein wichtiges Instrument der Kundenbindung. Das wollen wir auf keinen Fall aufgeben.

Wird es im Zuge der geplanten Erhöhung für die Eintrittspreise bei den günstigen Tarifen für Schüler und Studenten bleiben können?

von Mansberg:

Ich kenne die aktuellen Überlegungen dazu noch nicht, die kommen aus der Verwaltung. Vermutlich wird es allerdings auch eine Erhöhung der Schülerpreise geben müssen, allerdings immer unter Beachtung der Maßgabe, dass wir gerade denjenigen, die es sich sonst nicht leisten könnten, den Theaterbesuch ermöglichen wollen - sonst schließt man zu viele Menschen aus. Was das Kultursemesterticket angeht: Das Angebot an die Studierenden ist ja nicht wirklich kostenfrei. Es finanziert sich über alle Studenten, die mit ihren Beiträgen den Besuch Einzelner finanzieren. Das führt nicht zu geringeren Einnahmen. Wir wollen das Angebot eher noch erweitern, sofern auch der AStA das will. Auch die Museen haben Interesse signalisiert, in das Angebot aufgenommen zu werden.

Falls es im Angesicht der prekären Finanzlage nun doch zu einer Spartenschließung kommen sollte, gibt es dazu seitens des Theaters neue Überlegungen?

von Mansberg:

Dazu gibt es deshalb keine neuen Überlegungen, weil es auch keine neuen Tatsachen dazu gibt. Wenn man das Angebot reduziert, kann man natürlich Geld sparen. Man muss sich nur klar machen, dass man gleichzeitig auch Einnahmen verliert. Wenn man die Einsparung dem Einnahmeverlust gegenüberstellt, wird man feststellen, dass man wenig oder gar nichts gespart hat. Auch das Angebot von außen einzukaufen, beispielsweise durch Tourneetheater, macht die Sache nicht günstiger - auch diese Gastspiele kosten Geld. Wir glauben, dass Spartenschließungen das Problem nicht lösen.

Zumal dabei auch Angebote verloren gehen würden, zum Beispiel die Studioproduktionen im T.NT.

von Mansberg:

Das ist richtig. Ein Tourneetheater kommt her, spielt und ist wieder weg. Das ist nicht mehr unser Theater. Unser Angebot, Bürgertheater zu machen, die Einladungen an die Menschen in der Region, dabei zu sein und mitzumachen - das ginge verloren. Das wäre auch deshalb kontraproduktiv, weil unsere Zuschauerzahlen gerade in der letzten Saison wieder gestiegen sind. In der letzten Spielzeit waren es 94 225 Menschen, die unsere Vorstellungen gesehen haben. Das ist ein klares Bekenntnis der Region zu unserer Arbeit.

In Hamburg gab es in diesem Frühjahr einen Sturm der Entrüstung, als das Schauspielhaus zur Disposition stand. Sind ähnliche Bürgerproteste in Lüneburg für Sie vorstellbar?

von Mansberg:

Bisher setzen wir auf die Kraft der Argumente, und das wollen wir auch weiter tun. Ich hoffe sehr, dass es doch noch zu einer Lösung in den Verhandlungen mit dem Land kommt. Wichtig ist, dass sich die Region zu ihrem Theater bekennt. Die Argumente für unsere Arbeit gehen uns noch lange nicht aus.