Niemand wird mir glauben, was ich gestern erlebt habe. Selbst ich würde es mir nicht glauben. Obgleich ich schon viele unglaubliche Geschichten gehört, gelesen und erlebt habe.

Gestern saß ich auf dem Balkon und genoss die Abendstimmung. Die Schatten in der Dämmerung wurden langsam länger und weicher. Die Konturen der Bäume und Dächer verloren ihre scharfen Umrisse, wie mit dem Aquarellpinsel leicht verwischt. Als ich die Fliege entdeckte, die auf dem Rand des Teeglases balancierte, hob ich die Hand, um sie zu verscheuchen. Doch ich hielt in der Bewegung inne. Vom Rand des Teeglases ertönte eine seltsam schnarrend piepsige Stimme: "Stopp! Lass mich bitte ausruhen." Nach einer kurzen Pause, die sie mir wohl gönnte, um mich von meinem Erstaunen zu erholen, kicherte sie. Dabei musste sie ihre Flügel spreizen, um auf dem Rand des Teeglases nicht die Balance zu verlieren. Dann fuhr sie fort: "Ich bin erschöpft, weil ich nicht mehr die Jüngste bin. Du brauchst dich nicht zu ekeln. Ich war lange nicht mehr an schmutzigen Orten. Ich habe mich auf den Rand des Teeglases gesetzt, weil du mich hier nicht mit der flachen Hand erwischen kannst. Das ist nämlich tödlich für mich. Vielen Dank für die Pause. Vielleicht sieht man sich mal wieder. Na ja, ich dich, für dich sieht wohl eine Fliege wie die andere aus." Und weg war sie. Niemand wird mir glauben, was ich erlebt habe. Nein, im Tee war nichts. Purer Darjeeling.