Standardtänze und das richtige Benehmen auf dem gesellschaftlichen Parkett lernen junge Leute bei Ronald Gresz in Buchholz

Buchholz. Der einfache Knoten ist die Kür. Er ist die Sicherheitsleine auf dem gesellschaftlichen Parkett. Wer sich dort nicht souverän bewegt, stolpert leicht über so manchen Fallstrick in fiese Fettnäpfchen. Wer aber bereits in jungen Jahren den einfachen Knoten beherrscht, weiß auch, wann ein "Du" und wann ein "Sie" angebracht ist, und dass er eine Aufforderung zum Tanz besser nicht ausschlagen sollte. Zumindest wenn er das Anti-Blamier-Programm in der Buchholzer Tanzschule Gresz absolviert hat.

"Die Krawatte locker um den Hals legen." - 22 Jugendliche, alle um die 14 Jahre alt, haben sich vor dem großen Wandspiegel im Übungsraum aufgereiht. An zum Teil kurios verrenkten Armen vorbei schielen die Jungen immer wieder zum Spiegel. Sie versuchen, die Bewegungen von Tanzlehrer Ronald Gresz, der sich einen bunt gemusterten Schlips elegant um den Hals wickelt, nachzuahmen - mal mehr, mal weniger erfolgreich.

"Das dicke Ende zweimal über das dünne legen." - Die Mädchen wuseln um ihre Tanzpartner herum, ziehen an kurzen Enden, ruckeln verknotete Krawatten zurecht und kritisieren gestreift, gepunktet oder mit Motiv gleichermaßen. Es herrscht kein Dresscode, die Jugendlichen tragen T-Shirts, bunte Freizeithemden, Jeans oder Rock mit Leggings. Getanzt wird in Turnschuhen oder Ballerinas. Aber auch Pumps sind zu sehen, beim Blick auf die Füße, die es beim Cha-Cha-Cha noch recht unfallfrei vom Wiegeschritt in die Drehung schaffen. Die Gruppe hat vor drei Monaten angefangen. Nach einem Jahr werden sie, so hofft ihr Lehrer, nicht nur die Tanzschritte, sondern auch die nötigen Umgangsformen für ein höfliches Miteinander verinnerlicht haben. "Es braucht Routine", räumt Ronald Gresz ein. "Aber wenn die richtigen Verhaltensweisen einmal sitzen, dann funktioniert das ein Leben lang." Seit vielen Jahren macht er junge Menschen fit fürs Parkett.

"Das dicke Ende am Hals vorbei ziehen." - So einen Schlips zu binden, erfordert mindestens genauso viel Fingerspitzengefühl, wie eine Dame beim langsamen Walzer zu führen. Die Schüler üben in schummrigem Licht das Quarree: "Vor, zwei, drei, rück." Als die Spots wieder aufleuchten, ruft der Lehrer zur Damenwahl. Einige Mädchen steuern zielstrebig auf ihren Wunschpartner zu, andere loten mit Blicken aus, wo sie gute Chancen haben. Wer sich verschätzt, muss kurz vor dem Ziel abdrehen - wenn eine andere schneller war. Wer Erfolg hat, hakt sich beim Erwählten ein und führt ihn zum Rand. Herr Knigge hätte seine helle Freude gehabt angesichts dieser unverkrampft-eleganten Minimalbewegung. Nach einer Minute stehen wieder elf zufrieden aussehende Paare im Kreis. Von Konkurrenzdenken ist nichts zu spüren. Alle bewahren Haltung.

"Noch einmal rumwickeln." - Beim Jive wird es schwungvoll. Füße tappen, Arme schwingen, Mädchen drehen sich in die Arme ihrer Tanzpartner - und schnellen wie Jojos wieder heraus. Nicht jeder Schritt landet dort, wo ihn der Lehrer gern sähe. Aber Tanzen ist nicht alles in diesem Kursus. Die Tipps zu gutem Benehmen seien super, sagt Henk Schumann. "Ich bin nicht mehr so unsicher, ob ich mich immer richtig verhalte." Höflichkeit sei zum Beispiel bei Vorstellungsgesprächen wichtig. "Und es hilft auch, wenn man Mädchen ansprechen will", sagt der 15-Jährige und grinst. Seine Tricks will er nicht verraten. Aber in beiden Situationen gelte: Immer fest in die Augen gucken.

"Wieder nach vorn ziehen." - Eine Krawatte binden zu können, sei einfach praktisch, sagt Niklas Hofe, 15. All die Tänze seien dagegen nicht unbedingt notwendig, da reichten Walzer und Discofox. Auch Kristin Beeken, 14, fühlt sich sicherer, seit sie einige wichtige Umgangsformen gelernt hat. "Ich weiß jetzt, dass es ein No-Go ist, einen Mann, der mich höflich auffordert, abblitzen zu lassen - auch wenn er nicht so richtig mein Typ ist." Und bei Familienfeiern werde sie sich auf der Tanzfläche sicher nicht mehr blamieren.

"Das dicke Ende durch die Schlaufe ziehen. Das dünne hinten einstecken." - Ordentliches Auftreten sei beim Bewerbungsgespräch enorm wichtig, sagt Tim Ehrlich. Das mit der Kleidung haben sie in einem Seminar, das zum Kursus gehört, ausführlich besprochen. "Auch, wenn ich mich als Mechatroniker bewerbe, sollte ich nicht in Latzhose erscheinen", sagt Tim. Und stünde eine Weihnachtsfeier im Betrieb an - der 16-Jährige hätte vor einem Tanz mit der Chefin keine Angst mehr. Doch jetzt übt er erst mal mit Alisa Suwe, 14. "Lass tanzen!" Das würde Tim natürlich nie mehr zu einem Mädchen sagen. Stattdessen fordert er Alisa mit besten Manieren auf: "Darf ich bitten?" Die Spots leuchten wieder auf, die Diskokugel reflektiert rotes, gelbes, grünes und blaues Licht. Zum Abschluss der Stunde geben die jungen Tänzer noch einmal alles. Nach der letzten Drehung, schiebt Ronald Gresz die schweren Vorhänge zur Seite, Tageslicht fällt in den Raum.

"Und jetzt: Knoten straffen." - Die Mädchen treten einen Schritt zurück, um das Ergebnis zu begutachten. Viel Stirnrunzeln. Wenig aufmunternde Worte. Da müssen sie durch, die Jungs. Nicht bei allen endet die Krawatte tatsächlich auf Gürtelhöhe, wie es idealerweise der Fall sein sollte. Vielleicht glaubt der eine oder andere Ronald Gresz, der versichert: "Der Wahnsinn hat Methode." Und Übung macht den Meister. Tapfer kämpfen sich die jungen Gentlemen also durch verhedderte Enden wieder zum Anfang durch. Und noch einmal: Der einfache Knoten.