Ich war irritiert. Der leckere Rosé aus biologischem Anbau gab mir Rätsel auf.

Nach einer schönen, blumigen Beschreibung der feinen Traube, las ich den letzten Satz auf dem Etikett: Bitte immer gut gekühlt und jung genießen. Gut gekühlt versteht sich von selbst. Aber jung? Da ich über 35 bin, war ich drauf und dran, mich ausgeschlossen zu fühlen von dem Genuss des spritzigen Weins. Was meinen die, dachte ich und überlegte, welchen Roséfan ich denn kennen würde aus der jungen Generation? Über 18 hätte er oder sie sein müssen. Und wo hört jung auf?

Nun denken Sie vielleicht, die hat sie nicht alle. Natürlich war die Traube, die Abfüllung, der Jahrgang des Weines gemeint. Mir schon klar. Aber ich lese nun mal gern die Etiketten und lauere auf solche sprachlichen Amüsements. Das Feinschmeckerdeutsch auf den Genussverpackungen ist doch das erste Lockmittel für die Sinne. Nicht selten werde ich neugierig auf eine Schokolade, die mir einen tiefgründigen, zartbitteren Schmelz verspricht. Gern probiere ich die französische Käsespezialität, deren Ursprungsziegen in der Champagne grasten und die somit für das herrliche Aroma verantwortlich sind. Ich mag die Texte auf Olivenölflaschen, die mir das Mediterrane vom Himmel versprechen können. Man kann mich mit köstlichen Verpackungstexten durchaus verführen und manchmal sogar deutlich verjüngen.