Nur Absagen aus dem Rathaus gab es zum Jubiläumsfest des Laurens-Janssen-Hauses

Wilhelmsburg. Ja, wo ist er denn, der Stargast des Abends? Sigmar Gabriel, 51, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, ist an diesem Abend als der Leuchtturm für ein Leuchtturmprojektes avisiert worden: Zehn Jahre Laurens-Janssen-Haus in der "Großwohnsiedlung" Kirchdorf-Süd in Wilhelmsburg - zehn Jahre aktive Hilfe für Menschen, die schon seit Jahren keine Arbeit mehr haben, für Jugendliche, die eine Ausbildung suchen, für Kinder in den Schulen - ein in der Tat höchst sozialdemokratisches Projekt, früher jedenfalls.

"In zehn Jahren haben wir eine Menge bewegt, in zehn Jahren haben wir viel erlebt", heißt das Motto des Abends am Kirchdorfer Damm 6. "Nur, wenn Taten Worte und Worten Taten folgen, können wir etwas bewegen."

Mäzen des Laurens-Janssen-Hauses ist der Unternehmer Laurens Spethmann aus Jesteburg, 80, Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse. Laurens Spethmann ist mit Sigmar Gabriel "befreundet". Er sitzt an diesem frühen Abend vor dem Laurens-Janssen Haus, plaudert mit der Betriebsleiterin Birgit Veyhle, 56, und trinkt einen Orangensaft. Sein Großvater Laurens Janssen ist der Namensgeber des Hauses.

"Der kleine Dicke wollte gerne kommen", sagt Laurens Spethmann, "ich finde, er ist ein lieber Kerl, zum Entsetzen unserer Söhne." Aber um kurz nach 17 Uhr verkünden die Planer, dass er nicht kommen werde, der "liebe Kerl". "Sigmar Gabriel hat mich um 15 Uhr angerufen, dass seine Mutter ins Krankenhaus gekommen ist", sagt Laurens Spethmann. "Er hängt sehr an seiner Mutter und hat abgesagt."

Sigmar Gabriel wurde als Sohn eines Kommunalbeamten und einer Krankenschwester in eine Flüchtlingsfamilie in Goslar geboren. Die Eltern trennten sich, als er drei Jahre alt war.

Was wird nun aus dem Fest, dem Zehn-Jahres-Fest des Laurens-Janssen Hauses? Da fehlt ja wirklich ein Schwergewicht: Sigmar Gabriel, seit dem 13. November 2009 SPD-Parteivorsitzender und von 2005 bis 2009 Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Von 1999 bis 2003 war Gabriel Ministerpräsident Niedersachsens. Seit November 2005 ist er Abgeordneter des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Salzgitter-Wolfenbüttel-Vorharz. Der Mann, heißt es an einem Tisch vor dem Laurens-Janssen Haus, könnte der nächste Kanzler werden.

"Für einen Parteivorsitzenden gibt es keinen Ersatz", bilanziert Laurens Spethmann, bevor Probst Jürgen F. Bollmann, Mitglied des Aufsichtsrats der passage gGmbH und er Reden halten werden. Zur Einweihung des Hauses, sagt Laurens Spethmann, war Ortwin Runde da, der sozialdemokratische Bürgermeister. Kein Wunder, war ja wirklich ein sozialdemokratisches Projekt in der Siedlung, wo die Menschen viele Sprachen sprechen und viele keine Arbeit und nicht all zu viel Hoffnung auf eine bessere Zukunft haben

Langzeitarbeitslose Menschen erhalten im Laurens-Janssen Haus die Chance, wieder in das Arbeitsleben einzusteigen. "Wir bilden erfolgreich in Gastronomieberufen aus und bieten Ausbildungsplätze gezielt benachteiligten Jugendlichen an", sagt Betriebsleiterin Birgit Veyhle. "Für die Kirchdorfer Bevölkerung sind wir mit unseren Dienstleistungen und unserem Stadtteilrestaurant 'Bei Janssens' ein wichtiger Anlaufpunkt für Unterstützung und ein Ort des Treffens und Austausches."

Zu so einem Projekt könnte bei so einem Jubiläum und so einem Mäzen, dessen Laurens Spethmann Holding AG in 40 Ländern jährlich 13 Milliarden Teebeutel verkauft und 1300 Mitarbeiter beschäftigt - davon rund 400 im Landkreis Harburg -, ja vielleicht der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg kommen: Olaf Scholz. Ist ja auch ein Genosse, so wie Gabriel und Runde. Laurens Späthmann lächelt: "Olaf Scholz hat alles getan, um diesem Termin aus dem Weg zu gehen."

Was habe den Bürgermeister davon abgehalten nach Kirchdorf-Süd zu kommen? Es sei ihm vielleicht "peinlich" gewesen beim Träger Passage zu erscheinen, meint Laurens Spethmann. Betriebsleiterin Birgit Veyhle sagt: "Die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik in Hamburg werden in diesem Jahr von 187 Millionen Euro auf 134 Millionen Euro gekürzt, im nächsten Jahr auf 100 Millionen Euro und 2013 auf 89 Millionen Euro. Das macht innerhalb von drei Jahren eine Halbierung der Mittel zur Beschäftigung und Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen."

Birgit Veyhle sagt auch: "Im Bund ist eine Instrumentenreform in Vorbereitung, die am Ende den Namen aktive Arbeitsmarktpolitik nicht mehr verdient, weil es nichts mehr gibt, was umgesetzt werden kann. Die Instrumentenreform sieht als maximale Fallkostenpauschale 150 Euro vor. Die wenigen Maßnahmen, die es noch geben wird, sind unterfinanziert, alles private und unternehmerische Engagement für Arbeitslose wird in wenigen Monaten zunichte gemacht, wenn dies so umgesetzt wird."

Kein schöner Ort also vielleicht für den Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg an diesem Abend in Kirchdorf-Süd, wo die Wähler kaum noch wählen gehen, und wenn, dann kreuzen sie häufig ganz links. Birgit Veyle hatte in der Einladung an die Presse geschrieben: "Leider mussten die angefragten Hamburger Politiker wegen einer Terminüberschneidung mit Bedauern absagen."

Laurens Spethmann nennt Olaf Scholz an diesem Freitagabend einen "kleinen Bissigen". Er hätte ihm am Telefon folgenden Rat gegeben, wenn er gekommen wäre: "Sag den Menschen hier, wir haben genug Probleme in der Stadt. Ich weiß nicht, wie ich mich mit den Zuschüssen verhalten soll."