Interview mit Bauunternehmer Günter Effinger zu seinem 100-jährigen Firmenbestehen

Maschen. Die Günter Effinger Bauausführungen GmbH & Co. KG feiert heute ihr 100-jähriges Bestehen mit einem Empfang für geladene Gäste. Das Unternehmen gehört zu den größten der Branche im Landkreis Harburg und ist in Hamburg gut bekannt. Seit 1970 führt Günter Effinger, 63, den Familienbetrieb - heute zusammen mit seinem 33 Jahre alten Sohn Christian. Die Harburger Rundschau sprach mit der Unternehmerpersönlichkeit - über die Perspektiven in der Bauwirtschaft, privates Engagement und Ästhetik in der Architektur.

Harburger Rundschau:

Herr Effinger, war für Sie von Anfang an klar, dass Sie den Familienbetrieb weiterführen? Oder hatten Sie eine andere, vielleicht geheime Lebensplanung?

Günter Effinger:

Ich lebte in einer Großfamilie und da herrschte die Auffassung um mich herum, dass der älteste Sohn den Betrieb übernimmt. Ich selbst fühlte mich nicht in diese Aufgabe hineingeboren. Mein Vater, Otto Effinger, war sehr krank und die Verantwortung ging immer mehr an meine Mutter über. Ich machte eine Maurerlehre. Einen Tag nach der Gesellenprüfung verstarb mein Vater, und da war es für mich selbstverständlich: 'Jetzt musst du das Geschäft übernehmen.' In der Schule sind mir Fächer wie Geschichte oder Geografie leicht gefallen. Ich habe ein besonders Speichervermögen für historische Ereignisse. Ich habe mal mit dem Gedanken gespielt, Lehrer zu werden.

Heute teilen Sie sich mit ihrem Sohn Christian die Geschäftsführung. Wie sieht die Aufgabenteilung aus?

Günter Effinger:

Ich erledige das Controlling für alles. Und manchmal gibt es eben Geschäftstermine, bei denen Senioren gefragt sind. Aus dem Tagesgeschäft bin ich raus. Mein Sohn Christian ist verantwortlich für den gesamten operativen Ablauf. So führt er etwa die Besprechungen mit den Bauleitern. Wenn Not am Mann sein sollte, springt er auch mal als Bauleiter ein.

Was machen ihre beiden anderen Kinder beruflich?

Günter Effinger:

Mein Sohn Stefan arbeitet als Schifffahrtskaufmann. Er ist 43 Jahre alt. Meine Tochter Bettina, 37 Jahre alt, ist in der zur Familie gehörenden Wohnungsbaugesellschaft tätig.

Der Golfplatz gilt als Kontaktbörse für Unternehmer. Wo pflegen Sie ihre Kontakte?

Günter Effinger:

Mein Sohn und ich spielen beide Golf. Geschäftliche Kontakte habe ich auf dem Golfplatz aber nie geknüpft. Kundenkontakte entstehen, in dem man aufmerksam verfolgt, was auf dem Markt geschieht, und sich dann bewirbt. Wenn man wie wir lange am Markt ist, kommen Auftraggeber auch auf einen zu.

Die Bauwirtschaft erholt sich gerade erst von einer tiefen Krise. Sie waren von 1996 bis 2001 Kreishandwerksmeister. Können Sie jungen Leuten heute empfehlen, ein Handwerk in der Baubranche zu lernen?

Günter Effinger:

Ja, das kann ich, weil die Aussichten auf Beschäftigung sehr, sehr gut sind. In vielen Bauunternehmen stehen die Leistungsträger kurz vor der Rente. Und, auch bedingt durch die Krise, ist die Anzahl der Auszubildenden stark reduziert worden. Für junge Leute im Bauhandwerk gibt es also gute Perspektiven. Hinzu kommt: Der Baubedarf ist gegeben: Immer mehr Menschen ziehen in die Großregion Hamburg. Die Anzahl der Baufirmen ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. So sind die Chancen gut.

Sie sind ja nicht nur Unternehmer. Wo engagieren Sie sich in ihrer Freizeit?

Günter Effinger:

Ich arbeite in der Stiftung der Friedenskirche in Maschen mit. Die Stiftung unterstützt sozial benachteiligte Familien. Sie finanziert zum Beispiel Urlaubsreisen für Kinder und Jugendliche, die es sich sonst nicht leisten könnten. Ich bin noch Vorsitzender des Bauausschusses im Kirchenkreis Hittfeld. Der beschäftigt sich mit den Sanierungen an den Gebäuden der Kirchengemeinden. Meinen Feierabend bestimmt auch ein großer Garten. Und ich freue mich, wenn meine Enkelkinder bei mir abgegeben werden.

Lassen Sie uns über Ästhetik am Bau sprechen. Die meisten Gebäude, die Menschen als besonders schön empfinden, sind mehrere hundert Jahre alt. Ich denke da an prächtige, historische Rathäuser. Warum wird heute nicht mehr so schön gebaut?

Günter Effinger:

Architekten haben das Bedürfnis, zeitgenössische Architektur zu schaffen. Die Rekonstruktion alter Baustile ist nicht in ihrem Sinne. Sie versuchen, den momentan angesagten Stil zu verwirklichen und eine eigene Handschrift hinzuzufügen. Was die meisten Menschen als schön empfinden, ein Baustil mit Zuckerwatte, ist deshalb heute verpönt.

Haben Sie ein Lieblingsgebäude? Ein Bauwerk, das sie für formvollendet halten?

Günter Effinger:

Oh, da fällt mir so spontan keines ein. Ich bin im Förderverein für den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses tätig. In Berlin gab es heftige Diskussionen darüber, ob eine Rekonstruktion der historischen Fassade als Sinnbild des preußischen Obrigkeitsstaates überhaupt in ein modernes, demokratisches Berlin passe. Ich plädiere dafür, geschichtliche Wurzeln zu bewahren. Jede Stadt, jedes Dorf, muss eine Seele haben.