Blindgänger aus dem Krieg neben dem Fundament des Mehrfamilienhauses Bissingstraße 5

Heimfeld. Die schrillen Signale von Martinshörner dominierten gestern Nachmittag in Harburgs Innenstadt. Polizeimannschaftswagen rollten in Kolonne über den Harburger Ring. Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr rauschten heran. Wieder einmal hat ein Bombenblindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg hat zu umfangreichen Evakuierungen und Sperrungen in Heimfeld geführt. Unter anderem waren der S-Bahnverkehr unterbrochen und die B 73 gesperrt. Auch Teile der Technischen Universität mussten evakuiert werden.

Am Vormittag hatten Arbeiter die Bombe an der Bissingstraße entdeckt. Unfassbar: Der Blindgänger lag direkt am Fundament des Mehrfamilienhauses Nr. 5. "Es handelt sich um eine 500 Pfund schwere englische Fliegerbombe", sagt Sprengmeister Hermann Borelli. "Der Blindgänger befand sich in etwa zwei Metern Tiefe. Er steckte senkrecht im Boden." So konnten die Experten zunächst nicht sehen, ob die Bombe noch einen intakten Zünder hatte und tatsächlich entschärft werden musste. "Sie wurde freigelegt. Dabei haben wir festgestellt, dass sie mit einem Aufschlagzünder bestückt ist."

Die Polizei, die bis dahin den unmittelbaren Bereich um den Fundort abgesperrt hatte, forderte zwei Hundertschaften Bereitschaftspolizei an. Der Evakuierungsbereich wurde auf 300 Meter festgelegt. In einem Umkreis von 500 Metern wurde für die Entschärfung "luftschutzmäßiges Verhalten" angeordnet. Die Straßen wurden gesperrt.

Betroffen von der Evakuierung war auch die Technische Universität. "Fünf Gebäude, darunter das Audimax, sind geräumt worden", sagt die Sprecherin der TU, Jutta Werner. Vorlesungen wurden abgebrochen. Mehr als 1000 Studenten und Lehrkräfte mussten die Notebooks zuklappen, die Computer abschalten und den Nordcampus verlassen. Im Umfeld der Bombe mussten zahlreiche Wohnhäuser evakuiert werden. Dort war das DRK-Harburg im Großeinsatz.

"Wir sind mit 45 Mitarbeitern sowie Krankentransport- und Behindertenfahrzeugen vor Ort", sagte DRK-Geschäftsführer Harald Krüger zu Beginn der Evakuierung. Beim DRK rechnete man mit etwa 80 Personen, die befördert werden müssen. "Das ist die Erfahrung aus vergleichbaren Einsätzen hier", sagt Krüger. "Es leben hier auch sehr viele alte Menschen. Sie werden in der Turnhalle Kerschensteinerstraße untergebracht. Dort sind wir auch mit Pflegepersonal vor Ort." Mehr als 100 Personen sammelten sich schließlich in der Turnhalle. Glück für die Einsatzkräfte: Das Altenheim am Petersweg musste nicht geräumt werden. "Es ist durch Gebäude abgeschirmt. Der Sprengmeister hat entschieden, dass die Bewohner dort bleiben können", so ein Feuerwehrmann.

Sonja Reichberger, die gleich um die Ecke am Alten Postweg wohnt: "Das ist schon ein komisches Gefühl, wenn man weiß, dass nur ein paar Meter weiter im Boden eine Bombe gelegen hat. Ich wundere mich, dass die nicht schon früher entdeckt wurde, als das Haus gebaut wurde."

Die B 73 musste zwischen der Seehafenbrücke und dem Milchgrund gesperrt werden. Wer die Gegend nicht großräumig umfahren konnte, hatte lediglich die Seehafenstraße als Ausweichstrecke. Da die Linie S 3 in unmittelbarer Nähe des Fundortes unterirdisch verläuft, wurde auch sie für die Zeit der Entschärfung zwischen Harburg Rathaus und Heimfeld gesperrt.

Auch auf der Fernbahnstrecke, die kurz hinter der Buxtehuder und Stader Straße verläuft, durften während der Entschärfung keine Züge fahren. Bei Redaktionsschluss hatte die Entschärfung noch nicht begonnen.

Erst vergangenen September hatte der Fund einer Fliegerbombe große Teile Harburgs lahm gelegt. Der 1000 Pfund schwere Blindgänger war an der Knoopstraße auf der Baustelle für das Rathausforum entdeckt worden.