In der Reithalle des Deegen-Hoff in Toppenstedt werden die Pferde der Reiterstaffel der Johanniter Unfall-Hilfe an Lärm und Menschenmengen gewöhnt

Toppenstedt. Seit 15 Jahren sind sie ein eingespieltes Team, gehen durch dick und dünn. Und jetzt haben Nicole Klein aus Reppenstedt und ihre 17 Jahre alte Stute Flicka ein gemeinsames Hobby: Sie arbeiten ehrenamtlich bei der Reiterstaffel der Johanniter-Unfall-Hilfe, Regionalverband Harburg mit. An diesem Sonnabend hat die Arzthelferin ihre Stute, eine Mischung aus Deutschen Reitpony, Araber und Haflinger, im Anhänger nach Toppenstedt gefahren. Hier wollen die Reiter der Johanniter mit ihren Pferden trainieren, bevor sie den Einsatz beim Blütenfest in Jork am kommenden Wochenende haben.

Obwohl Flicka noch zu den Neulingen bei der Johanniter Reiterstaffel gehört, meistert sie die Aufgaben mit Bravour und der dafür notwendigen Ruhe. Weder das Flatterband, durch das sie mit ihrer Reiterin gehen soll, noch die riesigen Bälle, die vor ihr liegen, bringen das Pony aus der Ruhe. Pferde sind Fluchttiere. Unbekannte Geräusche und alles Neue veranlasst die Tiere eigentlich, das Weite zu suchen. Die Pferde der Johanniter aber werden so ausgebildet, dass sie Lärm, flatternde Plastiktüten, lautes Getrommel und Krach machende Menschenmengen einfach ignorieren.

"Wir haben heute die Harburger Ducks Cheerleader und eine Trommelgruppe zu Besuch, um die Pferde an ungewohnte Situationen zu gewöhnen. So bereiten wir sie auf unsere Sanitätsdienste bei den zahlreichen Einsätzen vor", erklärt Martina Leffrang, Leiterin der Johanniter-Reiterstaffel. Troja ist heute zum ersten Mal dabei. Der Wallach traut der ganzen Sache nicht so recht, vor allem die Flatterbänder und die Plastikfolie, über die er gehen soll, sind ihm nicht geheuer. Aber mit Geduld und gutem Zureden schafft es sein Besitzer und Reiter, Dr. Peter Gründahl aus Horneburg, den Wallach dazu zu bringen, seine natürliche Angst vor dem Ungewohnten zu überwinden. Endlich traut sich Troja, durch das aufgespannte weiße Papier durchzugehen. Was ist das Geheimnis? "Vertrauen! Das Pferd muss absolutes Vertrauen zu seinem Reiter haben. Es muss wissen, wo der mich hinführt, kann mir nichts passieren. Es kann vorkommen, dass der Sanitäter sein Pferd über eine am Boden liegende Plastikfolie reiten muss, um zu einem Verletzten zu kommen. Solche Dinge üben wir. Und ich gebe dort Hilfestellung, wenn ich sehe, dass es Probleme zwischen Pferd und Reiter gibt", sagt Britta Beinlich, die Reitlehrerin der Reiterstaffel.

Plötzlich ertönt in der Reithalle, wo die Pferde gerade trainieren, ohrenbetäubende Musik. "Pferde, die bei Umzügen eingesetzt werden, müssen Erfahrung mit Blasorchestern und Spielmannszügen haben. Jedes Pferd ist anders, manche stört die laute Musik überhaupt nicht. Im Gegenteil, man hat das Gefühl, die mögen das. Aber manche Pferde sind daran einfach nicht zu gewöhnen. Für uns bedeutet das, wir können nicht jedes Pferd zu jedem Einsatz mitnehmen", sagt Martina Leffrang.

Draußen, auf dem Reitplatz sind inzwischen die Trommler und Cheerleaders angekommen und haben ihre Instrumente ausgepackt. Reiter und Pferde gehen nach draußen. "Die Johanniter wollten ihre Reiterstaffel wieder in Gang bringen und suchten einen Platz, wo sie trainieren können. Als ich davon erfuhr, haben mein Mann und ich überlegt, dass bei uns Platz genug dafür wäre. Und so kommen die Johanniter seit 2009 regelmäßig auf unsere Anlage. Denn wir finden, dass ist eine sehr gute Sache, die diese Leute ehrenamtlich mit ihren Pferden leisten", sagt Manuela Putensen, die mit ihrem Mann Heiner Putensen eine Pferdepension in Toppenstedt betreibt.

Auf dem Reitplatz wird es laut. Die Trommler geben richtig Gas, und die Cheerleader rascheln direkt vor den Pferdenüstern mit ihren Glitzer-Puscheln. Dem Wallach Troja ist der Trubel unheimlich. Als dann auch noch ein Gruppenfoto gemacht werden soll, streikt Troja. "Zwang hat keinen Sinn. Es braucht Geduld und Training, um die Pferde fit zu machen", sagt Britta Beinlich.

Flicka gibt sich wie ein Profi, das Getrommel interessiert sie nicht. Nicole Klein: "Seit wir bei den Johannitern mitmachen, ist sie viel ausgeglichener. Und ich kenne mein Pferd so gut, dass ich merke, wenn es ihr zu bunt wird." Angst, dass ihrem Pony etwas passieren könnte in Jork, hat die Arzthelferin nicht. "Ich passe auf sie auf."