Die Vereinigung Süd-Kultur zeigt, wie Harburg kulturell an Bedeutung gewinnen könnte. “Wir wollen kein Geld, sondern nur machen dürfen.“

Harburg. Die Stadt Hamburg, so der neue Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) in seiner Regierungserklärung am 23. März, solle den Dialog mit den Kulturschaffenden ausdrücklich suchen, um von ihnen und ihren Erkenntnissen zu lernen. Die Kulturschaffenden in Harburg haben es Harburgs Sozialdezernenten Holger Stuhlmann (SPD), zuständig für die Kulturförderung, einfach gemacht, dem Auftrag seines obersten Chefs zu folgen. Im "Stellwerk" präsentierte die Vereinigung Süd-Kultur drei Ideen, mit denen Harburgs kulturelle Bedeutung entscheidend an Gewicht gewinnen könnte. Beste Chancen hat offenbar eine Streetart-Galerie am Bostelbeker Hauptdeich: Stuhlmann sagte den Initiatoren spontan Unterstützung zu.

Bislang sperrt sich der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer gegen das, was die beiden Heimfelder Alexander Grieschat und Nandor Olah entlang der Bahngleise unter dem Projektnamen "GroßstadtRaum" vorhaben: Nach dem Vorbild der sogenannten Wiener Wand in der österreichischen Hauptstadt wollen sie die 1160 Meter lange Hochwasserschutzmauer Bostelbeker Hauptdeich für Künstler zur Gestaltung mit Pinsel, Rolle oder Dose frei geben. Ein Verein würde Organisation und Kontrolle übernehmen. Was Harburgs Politikern die Streetart-Galerie schmackhaft machen dürfte: Niemand verlangt Zuschüsse. "Wir wollen kein Geld dafür haben", betont Alexander Grieschat, "sondern es einfach nur machen dürfen." Die Kulturschaffenden hoffen dabei auf die Unterstützung der Harburger Bezirksversammlung, damit der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer seine ablehnende Haltung aufgibt. Offenbar soll bis zur Sommerpause Hilfe aus dem Harburger Rathaus kommen: "Das Projekt ist sehr spannend", sagt Sozialdezernent Stuhlmann, "ich würde mich bereit erklären, das Thema in den Kulturausschuss einzubringen."

Auch der Chef der Hamburg Kreativ Gesellschaft scheint von "GroßstadtRaum" überzeugt. Er würde sich wundern, sagt Egbert Röhl im "Stellwerk", wenn sich das Projekt nicht durchsetzen ließe. Süd-Kultur warnt die Stadt Hamburg davor, die inzwischen aufgegebene Polizeiwache an der Nöldekestraße zu verkaufen. Stattdessen könnte dort ein Musikzentrum mit Proberäumen entstehen, von dem Musiker aus ganz Hamburg profitieren würden.

Zwei Millionen könnte die Stadt nach Angaben von Süd-Kultur mit dem Verkauf der Immobilie einnehmen. Die Kulturschaffenden machen eine andere Rechnung auf, die besser sei als der einmalige Verkauf des Tafelsilbers: Die Stadt soll Eigentümerin bleiben und in der alten Polizeiwache auf den insgesamt 2500 Quadratmetern Proberäume, Tonstudios und Künstlerappartements vermieten. Zu den Einnahmen käme der kulturelle Mehrwert. Der Markt sei da, ist sich Musikclub Heiko Langanke sicher. Im Norden Hamburgs müssten Bands 15 Euro pro Quadratmeter bezahlen und würden kaum noch bezahlbare Proberäume finden. "Mit einem Quadratmeterpreis von acht Euro", so Langanke, "könnten wir das Projekt Musikzentrum realisieren."

Eine andere Vision hat offenbar auf absehbare Zeit keine Chance: Süd-Kultur schlägt vor, der Hamburger Hochschule für Musik eine Dependance in der alten Schule Bunatwiete anzubieten. Der Schulbetrieb ist in einen Neubau an die Maretstraße verlegt worden. Laut Holger Stuhlmann steht das mehr als 100 Jahre alte Gebäude nicht für Kultur zur Verfügung. Die Schule im Phoenixviertel sei in den nächsten fünf bis sieben Jahren Ausweichquartier für Hamburger Schulen.

Der Charme der Idee bleibt: Im Phoenixviertel, dessen Jugendstil-Architektur dem Hamburger Szeneviertel Ottensen in nichts nachstehe, können sich Harburgs Kulturschaffende ein "Quartier Jazz" vorstellen. Das Quartier, erläutert Jazzclub-Chef Heiko Langanke, könnte den Studiengang Jazz der Hochschule für Musik beherbergen, dazu Gastronomie und eine Künstlerpension. Die Musikszene könnte das Stadtquartier aufwerten: "Jazzmusiker", sagt Heiko Langanke, "verdienen gutes Geld bei Musicals oder in Orchestern." Kultur könnte hier die Stadtentwicklung anschieben.

Egbert Röhl rät Harburgs Kulturschaffenden und Politikern noch eines: "Nicht 20 Ideen, sondern ein Projekt entwickeln und daran festhalten."