Das Künstlerpaar Jutta Konjer und Manfred Kroboth alias “kroko“ lässt die Tiere im Schauraum los und inszenieren alte Denkmäler neu

Der Augenblick ist gelungen, Monica Bohlmann schließt die Tür zum Schauraum auf, linst um die Ecke ins schummrige Halbdunkel, muss schon jetzt lachen und drückt den Lichtschalter an. Beschienen von den Deckenstrahlern wird das ganze Ausmaß erkennbar, das Jutta Konjer und Manfred Kroboth am Wochenende erschaffen haben. Die Ausstellung "kroko's Tierleben" ist zwar noch nicht fertig gehängt, dafür ist das zoologische Gesamtkunstwerk aber bereits in den Gründzügen erkennbar. Im Schauraum der Künstlerin Monica Bohlmann, der für Ausstellungen wechselnder Künstler genutzt wird, entblättert sich kroko's Tierleben.

Wo anfangen? Vielleicht mit Hündin Nummer 1, der Schäferhündin Nike, mit der das Künstlerpaar Konjer und Kroboth alias kroko mit ironischen Fotografien Marke Familienalbum begann. Merkmal: In jeder Szeneninszenierung der Künstler war die Kleinfamilie komplett - mit Hund. Überbordend und trotz Inszenierung eben auch schnappschusshaft wirkend. Oder vielleicht mit der Ausweitung in den freien Raum beginnen, als Jutta Konjer und Manfred Kroboth mit Hund 1 und später Hündin 2, Fenja, begannen, ehrwürdige Skulpturdenkmäler in ihren Fotografien weiter zu "erzählen", indem sie sich dazu gesellten. Das konnte zum Beispiel so aussehen: Das Reiterdenkmal von Hermann Hahn (1908) vor der Hamburger Kunsthalle, sehr statisch und monumental wirkend, - wurde in ihren Schwarzweißfotoinszenierungen flugs zum Statisten: Kroboth reicht dem Streitross aus Eisen auf dem Bild den Wassereimer, Jutta Konjer fegt hinten die Äpfel weg. Und die Hundedame liegt gelassen vor der Szenerie.

Den Künstlern geht es darum, das kunstgeschichtlich Erstarrte wieder in Bewegung zu versetzen, das Unbelebte wieder zu beleben und humorvoll um Blickwinkel zu erweitern. Dafür sind sie in Parks und öffentlichen Plätzen am liebsten in den Morgenstunden unterwegs und rücken dem Steinernen zu Leibe. Eine Erdung des Ehrwürdigen oder gar Pathetischen kommt dabei nicht selten heraus - aber auch eine Verschiebung von Blickwinkeln. Aus der Zeit gefallen und durchweht von einer seltsamen Melancholie wirken diese Skulpturfotografien, die Jutta Konjer und Manfred Kroboth als Verwandlungskünstler zeigen und die nicht selten mit Stimmungen arbeiten, indem sie die Stimmung und Aussage der Skulptur konterkarieren oder um einen andere Tonart ergänzen.

Im Schauraum geht der narrative Ansatz dieser Fotoerzählungen nun weiter, indem sich die Bilderzählung quasi bis in den Ausstellungsraum vortastet. Der Reiter vor der Kunsthalle erhält eine neuerliche ironische Dynamisierung, wenn der Rahmen plötzlich auch das Bild kommentiert. Die Künstler präsentieren pferdegerecht in einem Geflecht aus Stroh. Neben solchen Spielereien mit den ästhetischen Realitätsebenen gibt es weitere Zeugnisse, die die Sammelleidenschaft dokumentieren, die bei "kroko" mit Atelier in der Harburger Nöldekestraße immer anzutreffen ist. Im Schauraum ist es eine Art tierischer "Turmbau zu Babel": Ein Holzregal, das mit lauter Stofftieren bestückt und im Gegensatz zu den Schwarzweißfotografien kunterbunt ist.

Schon ein wenig mitgenommen sehen die alten Kuschelgefährten, Kitschtiere und Dekosachen aus: Affe, Steckenpferd, Glücksschwein und Ente. Doch nicht immer müssen die Tiere uns Menschen zu Diensten, niedlich und verfügbar sein. Das darf der Besucher mit einem weiteren Motiv erkennen. In einem goldenen Rahmen sieht er Künstler Manfred Kroboth in Hundepose und mit Knochen im Maul, während seine Hündin die Situation im Liegestuhl genießt. Und noch eine weitere sinnliche Dimension macht das Gesamtkunstwerk perfekt, wie Kroboth am Dienstagnachmittag am Telefon verrät. Durch zwei Lautsprecher werde der Besucher "pingponghaft" mal von der einen, mal von der anderen Seite Tierzitate hören, die das Künstlerpaar recherchiert und eingespielt hat. Wie ein Geistesblitz werden diese dann ab und an die Stille des Raums durchschneiden. Eine weitere Variante, um den - wenn auch kleinen Schauraum in Bewegung zu versetzen.

Es ist ein verdrehter Strudel, der dem Beobachter gerne mal den Boden wegreißt und ein Spiel mit den Parametern von Mensch und Kreatur eröffnet. Geht es um die kritische Ermahnung, Tiere nicht zu instrumentalisieren und zu vereinnahmen? "Nicht unbedingt", sagt Manfred Kroboth. "Eher darum, den Blick auf Tiere auch zu erweitern, als Chance und als Möglichkeit." Neben all diesen Aspekten gibt es aber auch noch einen Grund, warum ein Besuch der Ausstellung von kroko richtig Spaß macht: Eine gehörige Portion Lokalkolorit und die Freude am Wiederentdecken von Plätzen, die die beiden Künstler nicht selten neu sichtbar machen, ist garantiert. In Rothenburgsort beobachten die beiden zum Beispiel auf ihren Fotos eine Möwe auf einem Poller kurz vor den Elbbrücken. Ein Ort, den jeder Autofahrer sofort wiedererkennt und so "gestimmt" wie im Bild noch nie gesehen hat.

Eröffnung von "kroko's Tierleben" am 14. April um 19 Uhr im Schauraum an der Schwarzenbergstraße 42 (Hof), Ausstellung bis 1. Mai, am Wochenende 16 bis 18 Uhr.