Eine Glosse von Andreas Burgmayer

Mein Nachbar hat einen Untermieter aufgenommen. Er bewohnt ein winziges Zimmer in der Wohnung. Da der Untermieter sehr lang ist, passt er gerade mal so rein in das Zimmer.

Nach den ersten Wochen des Zusammenlebens stellte sich heraus, dass der Untermieter ein sehr dezenter Mensch ist. Um nicht zu sagen, dass er praktisch nie was sagt und nie zu sehen ist. Mein Nachbar und seine Freundin nennen den jungen langen Studenten mittlerweile "unsere Hauskatze". In der Wohnung bewegt er sich schleichend und lautlos. Wenn Gäste kommen, verlässt er die Wohnung.

Ich habe den langen Untermieter Quastenflosser getauft. Weil er nur ganz selten aus den Untiefen des Treppenhauses auftaucht. Einmal hätte ich ihn im Aufzug fast übersehen, bis er "Ähem" sagte.

Einmal klingelte meine Frau nebenan, als sie eine Dose Mais nicht aufbekam, mit einem für ihre Linkshändigkeit ungeeigneten Dosenöffner. Der Quastenflosser öffnete stumm die Tür, erblickte die Dose und sagte: "Ach, Mais!" Auf bekam er die Dose aber auch nicht.

Wie er auf die Idee gekommen sei, sich diesen kauzigen Lulatsch in die Bude zu holen, fragte ich den Nachbarn. Bei der Besichtigung habe der Quastenflosser verloren unter 500 Interessenten gestanden, traurig geschaut und gesagt: "Oh, schön! Krieg ich sowieso nicht!" Da konnte er nicht anders, als ihm den Zuschlag zu geben. Für diese Güte wiederum verehre ich meinen Nachbarn.