Die Politik will ein Gesamtkonzept für den Marktplatz, aber keine Wohnbebauung. Geschäftsleute in der Innenstadt haben Probleme

Neugraben. Kundenschwund, Wohnungsbaupläne auf dem Marktplatz, ein Mega-Discounter und Nahversorgungszentren in Neu Wulmstorf: Es sind vielfältige Probleme, denen sich die Geschäftsleute in der Neugrabener Innenstadt stellen müssen.

Und da das Zentrum nach Auffassung von Verwaltung und Politik dringend aufpoliert werden muss, hatte die CDU mal wieder die Forderung nach einem Gesamtkonzept auf die Tagesordnung des Hauptausschusses gebracht. Kein neues Anliegen. "Wir wollen bei der Verwaltung nachfragen, wie weit ein solches Papier denn nun schon gediehen ist", sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Ralf Dieter Fischer. Aus dem Harburger Rathaus hört man indes wie schon berichtet nur eine Idee: Baudezernent Jörg Heinrich Penner befasst sich damit, wie und ob auf dem Marktplatz neue Wohnblöcke entstehen könnten. Hierbei sind sich allerdings alle Politiker einig. "Das will hier keiner", sagt der SPD-Bezirksversammlungsabgeordneter Heinz Beeken.

Bei der Frage, was künftig im Rahmen der Neuplanung mit dem Wochenmarkt geschehen soll, hört das Zusammenspiel von Christ- und Sozialdemokraten allerdings auf. So bringt die CDU im Rahmen eines Antrags den Vorschlag ein, die Stände doch in die Fußgängerzone und in die benachbarten Seitenstraßen zu verlagern. Beeken hält davon nichts. "Der Markt ist dort gut aufgehoben, wo er jetzt ist."

Der Wochenmarkt, der jeweils dienstags, donnerstags und sonnabends von 7 Uhr an bis 13 Uhr ausgerichtet wird, ist ein sensibler Punkt bei der Neuaufstellung des Nahversorgungszentrums. Wie in der Harburger Innenstadt auch, sind die Händler mit ihrem bunten Angebot ein wesentliches Element zur Belebung. Das wissen die Beschicker. "Ist kein Markttag, sind hier deutlich weniger Kunden unterwegs. Auch an Nachmittagen ist es viel überschaubarer", sagt Obsthändler Burkhard Preuß, 48. Er hält es für eine gute Idee, wenn er und seine Kollegen künftig in der Fußgängerzone ihre Ware anbieten könnten. "Davon würde der Einzelhandel enorm profitieren. Da, wo wir jetzt stehen, könnte ein Parkplatz geschaffen werden, ist doch praktisch und ne vernünftige Lösung für uns alle", so der 48-Jährige. Dass einige Geschäftsleute befürchten, die Stände könnten die Schaufenster ihrer Läden verdecken, sei "völliger Quatsch. Da kann man sich arrangieren." Einige Meter weiter hat sich Gerd Braunsdorf mit seinen Käsespezialitäten postiert. Er ist bereits seit 37 Jahren auf dem Markt zu finden. Umziehen will er nicht. "Dann finden die Kunden mich gar nicht mehr. Das ist eine Existenzfrage. Ich bleibe lieber hier", sagt er. Auch Blumenhändlerin Elke Heitmann, 49, ist skeptisch. "Schon, wenn wir auf dem Markt mal woanders stehen als sonst, haben die Kunden Probleme und suchen uns. Wenn wir nun irgendwo in der Fußgängerzone stehen, denken viele, dass es uns nicht mehr gibt." Edda Hanfft, 46, Süßigkeitenhändlerin, steht mit ihrem Wagen am Ende der Fußgängerzone. "Für mich wäre das keine große Umstellung. Ich bin mir sicher, dass es eine Bereicherung für Neugraben wäre, wenn wir unsere Stände hier aufbauen dürften. Jetzt konzentriert sich doch alles Geschehen auf den Marktplatz, das ist weder für uns noch für die Geschäftsleute positiv." Fleisch- und Wurstwarenhändlerin Ramona Meyer, 33, stimmt zu. "Jetzt stehen viele Händler eher versteckt auf dem Platz. Das würde sich dann ändern."

Und noch etwas versprechen sich einige Händler von einer Standortveränderung: ein Gegengewicht zum großen Discounter Kaufland, der Kunden anzieht, die gerade nicht in den kleinen, inhabergeführten Geschäften einkaufen, sondern die vornehmlich daran interessiert sind, ihr Budget zu schonen. "Es war ein Fehler, diesen Laden hier anzusiedeln. Vorher war hier Karstadt ansässig. Das zog eine kaufkräftigere Klientel ins Zentrum", sagt Beeken.

"Stimmt, viele Neugrabener kaufen deshalb gar nicht mehr im Nahversorgungszentrum ein, sind zum mittlerweile abgebrannten Rewe-Markt nach Hausbruch gefahren und nehmen nun sogar längere Wege nach Neu Wulmstorf in Kauf. Und das auch, um Waren des täglichen Bedarfs zu erwerben", so Fischer. Für beide Politiker ein weiteres Zeichen dafür, dass sich im Neugrabener Zentrum etwas ändern muss.