Landwirt Hennig Cordes lässt den 250 Jahre alten denkmalgeschützten Schröderschen Hof in Georgswerder wieder aufbauen

Wilhelmsburg. Es ist ein Stück Land, das auf den ersten Blick unwirtlich wirkt: Ein 2500 Quadratmeter großes Grundstück am Obergeorgswerder Deich in Georgswerder, die Autobahn 1 ist nicht zu überhören. Am nahen Horizont, 300 Meter entfernt, das riesige Logistikzentrum von Kühne + Nagel. Daneben ein Windrad. Und einen Kilometer weiter noch einmal drei Windräder auf dem "Energieberg", der bald 3000 Haushalte mit Strom versorgen soll. Die Wilhelmsburger nannten diesen Berg einst "Monte mortale" - Todesberg. Jetzt wird der Deponiehügel Georgswerder, die einst größte Sondermülldeponie Europas, zum Ort erneuerbarer Energien: zu einem "regenerativen Energieberg". Windkraft und Sonne liefern hier bald saubere Energie.

Ein Diplom-Landwirt, der selbst Windkraft- und Photovoltaikanlagen projektiert und auf Rügen mit einem Partner auf 500 Hektar Ackerbau betreibt, will nun mit seiner Familie auf diesem Flecken seine Wurzeln schlagen: Henning Cordes, 46. Gemeinsam mit seiner Frau Anke, 47, lässt er am Obergeorgswerder Deich 76/80 den berühmten, denkmalgeschützten Schröderschen Hof aus dem Jahr 1760 wieder aufbauen. Am Dienstagvormittag war Spatenstich in Obergeorgswerder. Vorbei kamen Unterstützer und Förderer eines Projekts, das oft einen anderen Ausgang zu nehmen schien, denn der Schrödersche Hof sollte auch schon mal in Kirchdorf, Stillhorn oder Bergedorf wieder errichtet werden: Bauherr Cordes dankte Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD), dem Regionalbeauftragten von Wilhelmsburg/Veddel, Thorsten Schulz, dem ehemaligen Wilhelmsburger Geschäftsstellenleiter der Saga-GWG und heutigen Betriebsratsvorsitzenden Dittmar Loose und dem ehemaligen Wilhelmsburger CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Jörn Frommann für deren Unterstützung, seinem Architekten Gerhard Schulenburg aus Buxtehude, einem gebürtigen Stillhorner, für dessen Geduld, "denn das ist ja das erste Haus, das ich baue, und das soll ja ordentlich werden".

Der Schrödersche Hof ist ein niederdeutsches Hallenhaus. Es stand im Deichfuß, rund 300 Meter am Obergeorgswerder Deich entfernt, und musste wegen der Deichsicherheit abgerissen werden. Das Fachwerk und ein paar brauchbare Steine wurden zuerst bei der Deichverteidigung in Moorwerder eingelagert. Im vergangenen Herbst holten es Mitarbeiter der Firma Landhaus-Bau Glinstedt bei Bremervörde ab und bereiteten es auf. "Ab Mai, Juni wird das alte Holzständerwerk am neuen Ort wieder aufgebaut", sagte Architekt Gerhard Schulenburg.

Derzeit legen Arbeiter die Grund- und Stromleitungen und den Wasseranschluss - die Pfahlgründungen sind schon im Boden, weil der Obergeorgswerder Boden nicht tragfähig ist. Am Donnerstag beginnen die Maurer- und Betonarbeiten. "Wenn alles gut läuft, steht der Schrödersche Hof im Februar 2012", sagte Gerhard Schulenberg.

Die Stadt Hamburg hat 80 000 Euro für den "qualifizierten Abbruch" bezahlt, Jörn Frommann hatte noch einmal 25 000 Euro aus dem Investitionsfonds Hamburg 2010 einwerben können. Jetzt muss Bauherr Hennig Cordes kräftig in die Tasche greifen, um seinen Wohntraum zu realisieren - wie viel hunderttausend Euro der Aufbau kosten wird, darüber legt sich des Bauers Schweigen. Nur soviel: "Das ist nicht billig."

Hennig und Anke Cordes werden mit ihren Kindern Jan-Hendrik, 17, und Jonas, 14, in ihre neue Traumimmobilie mit Terrazzofußboden ziehen. Das dreigeschossige Objekt misst 14 mal 26,5 Meter, und wird aus Demut vor dem Original windschief mit einem Versatz von 56 Zentimetern gebaut.

Nebenan bekommt Hennig Cordes' Mutter Inge, 77, noch einen Altenteiler, denn sie wohnt in einem alten Haus, dem Schröderschen Hof ähnlich, am Obergeorgswerder Deich 32 - dem Elternhaus von Hennig Cordes. "Meine Mutter hat einen Mietvertrag mit der Saga-GWG. Der steht jedoch zur Auflösung an, seitdem ich eine Baugenehmigung für mein neues Grundstück habe", sagte Hennig Cordes.

Inge Cordes wohnt noch direkt an der Autobahn 1, die mittelfristig verbreitert werden soll. "Mutti", sagte der Sohn, "wir werden das hinkriegen."

Wer Hennig Cordes fragt, warum er so viel Zeit und Geld in die Hand nimmt, um unweit des Autobahnkreuzes Hamburg-Süd zu wohnen, der bekommt eine einfache Antwort: "Das hier ist meine Heimat, deswegen habe ich dieses Stück Land genommen." Hennig Cordes ist noch beim letzten Bauern des alten Schröderschen Hofes ein- und ausgegangen: Johann Beckedorf, er starb 2001 mit 91 Jahren. Nun baut er den Hof wieder auf - "mit einer Wärmedämmung nicht wie vor 250 Jahren."