Am Kiekeberg entsteht ein “Landwirtschaftlicher Entdeckergarten“. Wildpark-Camping Schwarze Berge seit Freitag geöffnet

Ehestorf/Vahrendorf. Mit dem 127 Meter hohen Kiekeberg in den Harburger Bergen verbinden heute viele eine überregional bekannte Tourismusregion. Der Wildpark Schwarze Berge und das Freilichtmuseum am Kiekeberg investieren in diesem Jahr insgesamt 850 000 Euro in zwei Vorhaben, die das bei vielen Hamburgern beliebte Ausflugsziel im Landkreis Harburg noch populärer machen dürften. Der Wildpark hat am Freitag einen Wohnmobilstellplatz eröffnet - den bisher einzigen in der reizvollen, hügeligen Forstlandschaft nahe der südlichen Landesgrenze zu Hamburg. Am Freilichtmuseum beginnen demnächst die Bauarbeiten für den ersten "Bioland"-zertifizierten Parkplatz Deutschlands.

Parkplatz? Mit einem solch schnöden Begriff möchte Carina Meyer, die das Projekt betreut, das neue Eingangstor des Freilichtmuseums nicht in Verbindung setzen. Gewiss, bis zu 600 Autos können bei Bedarf auf dem neuen 40 000 Quadratmeter großen Museumsgrundstück parken. Doch wer hier aussteigt, steht mitten in einer Art Freiluft-Erlebniscenter für Obstbau, Viehzucht und Ackerbau. Und weil es so etwas noch nicht gibt, hat es den Namen "Landwirtschaftlicher Entdeckergarten" erhalten.

600 000 Euro kostet der "Entdeckergarten". Eigentümer des Grundstücks ist der Landkreis Harburg, Förderer sind die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und die Niedersächsische Bingoumweltstiftung. Das Museum versteht den Garten als ein Freiluft-Agrarium. Das ist die Erlebniswelt für Landwirtschaft und Ernährung, die das Museum nebenan baut und im Mai 2012 eröffnen wird. Der "Entdeckergarten" soll nach voraussichtlich vier Monaten Bauzeit bereits im Herbst fertig sein. Die Fläche ist durchgehend begrünt, auch dort, wo die Autos stehen. Die Besucher parken unter Bäumen. Insgesamt 314 Obstbäume werden in dem Garten stehen. Nicht irgendwelche, sondern seltene Arten, die früher in der Region verbreitet waren, aber für den Handel heute keine Rolle mehr spielen. "Der Garten ist Gen-Archiv zur Erhaltung der biologischen Vielfalt", sagt Carina Meyer. Diese lebendige Samenbank wird Eckart Brandt betreuen, ein in der Region bekannter Experte für alte Obstsorten.

Die ersten Früchte werden in zwei bis drei Jahren an den Bäumen hängen: Kirschen, Äpfel und Birnen. Sorten, die vor dem Aussterben bedroht sind. Trotz der süßen Verlockung sollten Besucher möglichst kein Obst pflücken, sagt Carina Meyer. Das Museum erntet und vermarktet die Erträge seines Gartens. Geplant ist, dass Fördervereinsmitglieder Baumpatenschaften übernehmen.

Im Garten entsteht ferner ein 5000 Quadratmeter großes "Freiluftklassenzimmer". Das sind Ackerflächen für Schüler. Kinder können hier im besonderen Unterricht Kartoffeln, Mais oder Kohl pflanzen und entdecken, woher ihre Lebensmittel überhaupt kommen. Die Schüler fahren auch die Ernte ein. Geplant ist, dass die Kinder später, wenn das Agrarium eröffnet hat, in der dortigen Lehrküche kochen und ihre Ackerfrüchte verspeisen.

Im Entdeckergarten leben Tiere, vier Kühe und etwa zehn bis 15 Schafe. Bedrohte Arten werden hier ein Heim finden, die Bentheimer Landschafe und das so genannte Schwarzbunte Niederungsvieh. Auf Entdeckerpfaden werden Besucher nachvollziehen können, wie sich das landwirtschaftliche Vieh von früher zu Hochleistungstieren entwickelt hat.

Während am Freilichtmuseum die Bauarbeiten in Kürze beginnen, ist die neue Tourismusattraktion auf der anderen Seite des Kiekebergs bereits im Betrieb: Der Wildpark Schwarze Berge hat sein Wildpark-Camping am Freitag nach sechseinhalb Monaten Bauzeit eröffnet, einen Wohnmobilstellplatz für bis zu 72 Fahrzeuge.

250 000 Euro hat das neue Angebot für Wohnmobilisten gekostet. Komfort bietet ein stattlicher Waschhausneubau. Von dem Stellplatz profitiere die ganze Region, sagt Wildpark-Geschäftsführer Arne Vaubel: "So kommt ein ganz anderer Kundenkreis hierher."

Sonntags, bis auf die Sommerferien, bleibt das Wildpark-Camping aber geschlossen. Das ist der wichtigste Besuchertag für den Wildpark, der das Gelände dann als Parkplatz für die Gäste braucht.

Das Camping am Wildpark dürfte selbst für erfahrene Wohnmobilisten ein besonderes Erlebnis sein: Direkte Nachbarn sind schottische Hochlandrinder. Camper könnten die stattlichen Tiere mit den Respekt einflößenden Hörnern zu Gesicht bekommen. Wer am Wildpark nächtigt, darf mit nie zuvor gehörten Wecklauten rechnen: "Unsere Wölfe werden in den Morgenstunden zu hören sein", sagt Pressesprecherin Sarah Klindworth. Auch Luchse, sie sollen ähnlich wie ein Hund bellen, könnten sich bemerkbar machen. Im Herbst ab dem September röhrt das Rotwild aus der Nachbarschaft. Ein solch tierisches Abenteuer bietet offenbar kein anderer Wohnmobilstellplatz in Deutschland: "Wir sind auf keinen gestoßen, der so nahe an einem Tierpark liegt", sagt Sarah Klindworth. Die Übernachtung mit dem Wolfsrudel als Weckdienst kostet 15 Euro.

Wildpark-Camping und ein Erlebnis-Parkplatz sind also die neuesten Attraktionen am Kiekeberg. Der herausragende Berg in den Harburger Bergen war schon vor 100 Jahren ein beliebtes Ausflugsziel. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges stand auf dem Berg ein Aussichtsturm zum Gedenken Otto von Bismarcks. 1945 sprengten deutsche Soldaten den Bismarckturm.