Erst die Obduktion wird zweifelsfrei zeigen, ob Selbstmord oder Mord vorliegt

Harburg. Volker K. lebt nicht mehr. Er wurde am Donnerstag, gegen 8 Uhr, in seiner Erdgeschoss-Wohnung am Alten Postweg von einem Zivilfahnder tot in seinem Bett gefunden.

Eigentlich wollte der Polizeibeamte im Rahmen eines Verfahrens prüfen, ob die Anschrift von Volker K. stimmt.

Als der Mann nach mehrfachem Klingeln und Klopfen nicht öffnete, lief der Polizist ums Haus, guckte durchs Schlafzimmerfenster und machte eine grausige Entdeckung: K. lag leblos auf seinem Bett, die Arme gefesselt, auf dem Rücken verschränkt. So die Aussage der Harburger Polizei. Dazu die Polizeipressestelle Hamburg: "Es handelt sich um Selbstmord. Deshalb werden alle polizeilichen Aktivitäten eingestellt."

Die Harburger Polizei ist allerdings anderer Ansicht. "Ob es sich um Selbstmord oder ein Verbrechen handelt, lässt sich zweifelsfrei nur nach einer Obduktion feststellen", so ein Beamter.

Nicht nur der Tod des Mannes ist ein Mysterium. Wer im Haus nach Volker K. fragt, erhält kaum Antworten. Niemand kannte den Mann, niemand hat sich mit ihm unterhalten, ihn selten überhaupt gesehen. "Er lebte seit 2008 bei uns im Haus, hat sich als Altenpfleger vorgestellt, war aber arbeitslos. Die Miete kam jeden Monat pünktlich vom Amt", sagt Hauswartin Waltraud T. Viel Kontakt zu ihm hatte auch sie nicht. "Wenn ich geklingelt habe, hat er nicht geöffnet. Häufig hat er seinen Briefkasten nicht ausgeleert, der Strom wurde ab und zu abgestellt, weil er seine Rechnungen nicht bezahlt hatte", berichtet T. und holt ihren Block. "Ich bin Buchhalterin und schreibe mir alles auf, was so im Haus passiert. Nachts kann ich nicht schlafen, da habe ich viel Zeit zum Nachdenken." T. blättert. "Am 8. März hat er seinen Briefkasten ausgeleert, und am 10. März brannte noch Licht in seiner Wohnung. Danach habe ich Herrn K. nicht mehr gesehen."

Er habe häufig "einen abwesenden Eindruck" auf sie gemacht, "als ob er Drogen genommen hat". Weshalb sie Volker K. keine Hilfe angeboten hat? "Der wollte sich nicht großartig unterhalten, wollte sein einsames Leben, ist immer leise durchs Treppenhaus gehuscht mit seinem Rucksack."

Zwei Etagen über der Wohnung von Volker K. lebt Heinz G. "Der Mann hatte keinen Besuch, immer waren die Rollos zu seiner Wohnung heruntergelassen." Er habe sich nie mit seinem Nachbarn unterhalten, "hab ihn nun schon seit einem halben Jahr nicht zu Gesicht bekommen." Und jetzt sei es zu spät.

"Dass es so endet, dass man einsam in seiner Wohnung stirbt und dann von der Polizei gefunden wird - das ist schon grausig."

Seitdem die Polizei am Vormittag eingetroffen war, blickten weitere Nachbarn aus dem Fenster, schauten zu, wie die Kriminalpolizei eintraf, sich Zugang zur Wohnung verschaffte und wie die Leichenbestatter gegen Mittag den leblosen Körper von Volker K. wegschafften.

Ein Haus weiter stehen Anwohner in der Eingangstür."Eigentlich ist das doch schrecklich, da lebt jemand mitten unter uns, hat Probleme und st dann irgendwann tot", sagt eine Frau.