GAL-Fraktion wünschte bei der Besetzung des Präsidiums berücksichtigt zu werden

Harburg. Regierungswechsel im Harburger Rathaus mit konstituierender Sitzung der neuen Bezirksversammlung am Dienstagabend. Start in die 19. Legislaturperiode. Die SPD hat mit 26 der 51 Sitze die absolute Mehrheit, von den 25 Oppositionsstühlen besetzt die CDU 14 Plätze, weitere fünf Sitze die GAL und jeweils drei die Linke und die FDP.

Vorbei die Zeit des schwarzgrünen Bündnisses, das seit 2004 die Geschicke des Bezirks lenkte. Ronald Preuß, Fraktionsvorsitzender der GAL, trat nun als Oppositioneller ans Rednerpult und sagte, die konstituierende Sitzung sei eigentlich kein Zeitpunkt, mit Streitigkeiten zu beginnen. Aber er ging die SPD dann doch etwas schärfer an, weil die SPD für den Präsidentenstuhl der Bezirksversammlung Manfred Schulz nominiert hatte und als Stellvertreter im dritten Rang Horst Krämer. Es sei doch laut Geschäftsordnung möglich, im Präsidium auch Vertreter anderer Fraktionen - sprich der GAL - unterzubringen. Und weibliche Besetzung - sprich Heinke Ehlers - sei ebenfalls wünschenswert. Die GAL hatte mit ihren Anträgen zu Geschäftsordnung und Präsidiumsbesetzung keinen Erfolg. Ablehnung von SPD, Linke und FDP. Die CDU enthielt sich. Sabine Boeddinghaus, Links-Fraktionsvorsitzende: "Wir hätten auch eine kompetente Frau zu bieten". Womit sie sich selbst meinte. Und zu Preuß gewandt: "Sie haben ihre Feuertaufe in der Opposition nicht bestanden." SPD-Fraktionsvorsitzender Jürgen Heimath: "Nach der Geschäftsordnung stellt die zweitstärkste Fraktion, das ist die CDU, den zweiten Stellvertreter des Präsidenten." Die CDU hatte Michael Hagedorn, den bisherigen Präsidenten nominiert.

Und so setzt sich nach der Wahl, an der 50 der 51 Abgeordneten teilnahmen - eine CDU-Abgeordnete fehlte aus beruflichen Gründen - der Vorsitz der Harburger Bezirksversammlung in der Reihenfolge mit Manfred Schulz (SPD), Michael Hagedorn (CDU) und Horst Krämer (SPD) zusammen. Krämer war zu früherer SPD-Regierungszeit bereits Bezirksversammlungsvorsitzender. Hagedorn saß zu schwarzgrüner Regierungszeit auf dem Präsidentenstuhl.

Schulz ist nach der Geschäftsordnung automatisch auch Vorsitzender des Hauptausschusses, der auf SPD-Antrag künftig mit 13 statt bisher mit 15 Abgeordneten besetzt ist. Der Hauptausschuss ist vorbereitendes Organ jeder Bezirksversammlung. Die CDU hatte sich personell bereits auf die höhere Besetzung eingestellt. Nun ist im Ausschuss das Verhältnis sieben zu sechs, wobei die CDU nur drei statt vier Sitze in der Opposition haben wird. Ein CDU-Posten muss gestrichen werden. CDU-Fraktionsvorsitzender Ralf-Dieter Fischer: "Wir müssen die Besetzung neu regeln." Die Fraktionen kommen heute, am Donnerstag, zu weiteren Beratungen aller Fachausschüsse zusammen. Die Anzahl der Ausschüsse soll von zwölf auf voraussichtlich auf neun gekürzt werden. Erste Sitzung des Hauptausschusses ist am 5. April. Da geht es unter anderem um das von Gastronom Heiko Hornbacher auf dem Rathausplatz veranstaltete Maifest, das zum Schutz vor ungebetenen Gästen eingezäunt werden soll.

Die Bezirksversammlung zählt viele neue aber auch junge Gesichter. Ann Christin Schulz, 19, sitzt für die SPD Harburg als Abgeordnete im Gremium- eine Premiere für die junge Frau aus Hausbruch, die jüngst ihr Abitur und dann ein Duales Studium bei Airbus aufgenommen hat. "Ich bin gespannt, was so auf mich zukommt", sagt sie aufgeregt zu Beginn der Sitzung. Sie will sich besonders für interkulturelles Zusammenleben "passt ja gut zu Harburg" sowie für Sport- und Kulturbelange einsetzen. Ronja Schmager, die neben ihr sitzt, nickt. Auch Harburgs Juso-Chefin ist zum ersten Mal als Abgeordnete dabei. Die 22-Jährige, die gerade eine Ausbildung zur Krankenschwester macht, hatte sich zuvor mit fantasievollem Wahlkampf vorgetan, hatte Blumen und Klausur-Survival-Tüten für TU-Studenten verteilt.

Wenige Tische entfernt sitzt der 22 Jahre alte Daniel Volköi, GAL. Auch er hat schon Erfahrungen in der Politik gesammelt, war 2007 bis 2008 im Landesverband der Grünen Jugend, dann wurde er 2009 in den Vorstand der GAL Harburg gewählt, und seit 2010 ist er Sprecher. Der Umgang mit schwierigen, brenzligen Themen schreckt ihn nicht. "Ich will ein Studium über Hazard Control, Katastrophenmanagement, aufnehmen", sagt er.

Geduld muss auch Sabine Boeddinghaus haben. Die 54-Jährige, Fraktionsvorsitzende der Harburger Linke in der Bezirksversammlung, bildet die einzige weibliche Fraktionsspitze - was die Erziehungswissenschaftlerin und Mutter von fünf Kindern den Abgeordneten während eines ersten Redebeitrags auch prompt vorhält. "Wir hier bei den Linken wissen, was Gleichstellung bedeutet", sagt sie.

Carola Günther, 51, CDU-Abgeordnete, ebenfalls neu in der Bezirksversammlung, sagt: "Ich werde mich für Gleichstellungsbelange einsetzen. Das wird ein Stück Arbeit sein." Sie sitzt in der hintersten Bank der CDU. Ganz rechts. Wenn sie sehen will, wer da gerade "in die Bütt" gestiegen ist, muss sie sich aufsetzen. "Das macht nichts, ich bin durchsetzungsfähig." Der Zoff um Formalien zu Beginn der Sitzung strapazierte die Neulinge ein wenig, schreckte sie aber nicht ab. "Ach nö", sagt Ronja Schmager. Ann Christin Schulz unterdrückt ein Gähnen.