Der Windpark würde das Naturschutzgebiet ramponieren. Kritiker sammeln Unterschriften, hoffen auf Berlin und das Birkhuhn.

Wir sind nicht gegen alternative Energien", versichert Peter Schils - doch der Standort des geplanten Windparks sei schlicht ungeeignet. Auf einer 70 Hektar großen Fläche nördlich des Bispinger Ortsteils Borstel in der Kuhle sollen Windräder aufgestellt werden. Das sieht das Regionale Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises Soltau-Fallingbostel vor. Geplant sind sieben Windräder mit einer Gesamthöhe von jeweils 185 Metern.

Jetzt regt sich Protest in Borstel in der Kuhle: Anwohner haben 158 Unterschriften gegen das Projekt gesammelt und diese am Montag in Soltau an Landrat Manfred Ostermann übergeben. Der Kreistag hatte im vergangenen Jahr eine Änderung des Raumordnungsprogramms im Hinblick auf die Windenergie beschlossen. Darin wurde unter anderem ein "Vorranggebiet" zwischen Borstel in der Kuhle und Volkwardingen benannt. Noch bis September gilt hier eine Veränderungssperre der Gemeinde Bispingen, die den Standort im Erörterungsverfahren abgelehnt hatte.

Die Kritiker befürchten Beeinträchtigungen der Lebensqualität und Gesundheit. Doch auch negative Auswirkungen auf den Tourismus, die Birkhuhnbestände und das nahe gelegene Naturschutzgebiet Lüneburger Heide werden erwartet. Der Windpark werde ein "weltberühmtes Naturschutzgebiet ramponieren und entwerten", kritisiert Professor Wolfram Pflug.

Pflug rechnet vor: Da der Standort des geplanten Windparks 84 Meter über Meereshöhe liege, würden die 185 Meter hohen Windräder den 169 Meter hohen Wilseder Berg deutlich überragen. Mit dem Standort "unmittelbar neben dem Naturschutzgebiet" werde gegen das Niedersächsische Naturschutzgesetz verstoßen. Pflug: "Den Wilseder Berg und den Totengrund gibt es nur einmal in Europa. Sie fallen als einmalige geologische Gegebenheiten unter die geschützten Natur- und Bodendenkmäler." Auch der Tourismus würde darunter zu leiden haben, sagt Werner Hillewerth. Schon heute kämen an schönen Tagen bis zu 500 Radfahrer an der Fläche vorbei, künftig werde auch der geplante "Qualitätswanderweg" von Hamburg nach Celle hier vorbei- und dann wohl zwischen den Windrädern hindurchführen.

Im Erörterungsverfahren hatte es bereits von verschiedenen Stellen Einwendungen gegen die RROP-Änderung gegeben. So hatte die Gemeinde Bispingen den Standort abgelehnt: Das Gebiet sei für Windkraftanlagen "nicht geeignet" - es befinde sich innerhalb eines Vorranggebietes für Erholung, so die Gemeinde Bispingen. Die Nähe zum Landschaftsschutzgebiet Borsteler Kuhlen/Brunautal und zum Naturschutzgebiet Lüneburger Heide sprächen gegen die Planung - wie auch militärische Aspekte.

Die für die Windenergieanlagen bei Borstel in der Kuhle vorgesehene Fläche befinde sich innerhalb des Nachttiefflugsystems "Charly". Der Entwurf dürfte "hinsichtlich der militärischen Belange äußerst problematisch sein". Andernorts werde in der Regionalplanung darauf verzichtet, "Windenergieanlagen innerhalb von Nachttiefflugkorridoren zu etablieren". Vom Landkreis Soltau-Fallingbostel, dem "Heidekreis", wurden die Einwendungen zwar "zur Kenntnis genommen", die Argumente blieben aber ohne Einfluss auf das Raumordnungsprogramm.

Gegenwind kam auch von anderen an der Erörterung beteiligten Stellen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bemängelte, dass die im Entwurf vorgesehenen Vorrangflächen teilweise "den öffentlichen Belangen der Luftsicherheit und damit den Belangen der Landesverteidigung" entgegenstünden. Konkret genannt wurden das militärische Nachttiefflugsystem und das Radar des Flugplatzes Faßberg. Außerdem liege ein Teil des Borsteler Gebietes im Nahbereich einer Hubschraubertiefflugstrecke des Flugplatzes Faßberg - das Ministerium erhob "erhebliche Einwände/Bedenken".

Auch der Verein Naturschutzpark Lüneburger Heide (VNP) wandte sich gegen die Planung für Borstel in der Kuhle und forderte, dass ein Landkreis, "der besondere Schwerpunkte in der touristischen Nutzung der Landschaft setzt", die Belange von Natur und Landschaft "wesentlich ernster nehmen" sollte. Doch bereits der Datenbestand, über den der Landkreis verfügt, sei "erschreckend" schlecht.

Kritisiert wurde die Planung auch vom Kreisbeauftragten für Naturschutz: Bernhard Wein verwies in seiner Stellungnahme auf die räumliche Lage zwischen den EU-Vogelschutzgebieten "NSG Lüneburger Heide" und "Truppenübungsplätze Munster Nord und Süd", in denen sich jeweils Restpopulationen des vom Aussterben bedrohten Birkhuhns befänden. Der Landkreis Soltau-Fallingbostel habe eine besondere Verantwortung für diese Vogelart, hier befinde sich der größte zusammenhängende Birkhuhnbestand im mitteleuropäischen Tiefland.

Zwischen den beiden EU-Vogelschutzgebieten sei zurzeit noch ein "überlebensnotwendiger genetischer Austausch" möglich, dieser könnte durch die Windanlagen bei Borstel in der Kuhle verhindert werden. Der Standort liege "genau im möglichen Hauptflugkorridor", im schlimmsten Falle könnte der Bau der Anlagen zum langfristigen Aussterben des Birkhuhns führen. Die Anwohner hoffen nun darauf, dass neue Gutachten die Planung doch noch zu Fall bringen. Gerade die Gefährdung des Birkhuhns und das militärische Nachttiefflugsystem "Charly" sehen sie als besonders überzeugende Argumente gegen den Windpark an.