Früher hingen an deutschen Fenstern Gardinen. Dicke Gardinen dienten als Sicht- und Kälteschutz am Abend. Tagsüber schirmten transparente Stores die Wohnung vor neugierigen Blicken ab.

Schon an den Fenstern konnte man erkennten, ob man in Deutschland war. In den Niederlanden oder in Dänemark gab es keine Stores.

Seit Jahren sind Stores bei uns aus der Mode gekommen. Bei manchen hängen kleine Bistrogardinen an einem Teil der Scheiben, andere haben Jalousien oder Blumen im Fenster. Auch dicke Übergardinen besitzen immer weniger, seit die Scheiben besser isoliert sind und es immer mehr Rolläden gibt.

So kann man beim Spazieren gehen in viele Wohnungen schauen. Zumal die Fenster mit den Häusern zusammen größer geworden sind und häufig bis zum Fußboden reichen.

Da sieht man dann große Villen mit winzigen Gärten, an denen die Straße oder zumindest ein Fußweg fast am Wohnzimmer vorbeiführt. Abends sind die Räume hell erleuchtet und erinnern an Ausstellungsräume. Denn man schaut in perfekt ausgestattete Zimmer, in denen niemand sitzt. Keine Jacke hängt über einem Stuhl, keine Decke liegt, eben zur Seite geworfen auf dem Sofa und auch kein Buch oder Glas steht auf dem Tisch.

Es fragt sich, ob in diesen Häusern überhaupt jemand wohnt.

Entweder müssen die Bewohner so viel arbeiten, dass sie ihr Wohnzimmer überhaupt nicht nutzen können oder sie fühlen sich in diesen Räumen gar nicht wohl.

Da lebe ich doch lieber in meinen kleinen Räumen mit Gardinen an den Fenstern. Wenn ich krank bin, kann ich im Nachthemd auf dem Sofa liegen und ein Buch lesen und beim Fernsehen brauche ich nicht mit gefalteten Händen und übergeschlagenen Beinen artig auf einem Stuhl sitzen.