Aufklärung zerstört ja manchmal Wunder, wie schon die Philosophen wussten - und das gilt natürlich auch heute noch. Besonders für jene Menschen mit weniger ausgeprägtem Glauben - wie ich es wohl bin.

Als ich dieser Tage die Haustür öffnete und im Westfälischen in ein Treppenhaus trat, fielen mir rätselhafte Kreidezeichen an der Tür der Nachbarin auf. Und schon dachte ich an die Kindheit.

Es war im Skiurlaub in einer recht netten Apartmentanlage. Auch da sahen meine Kinderaugen wundersame Zeichen. Es waren Striche aus Kreide am Türrahmen. Als wissbegieriges Kind verlangte ich von meinen Eltern sofort die Aufklärung. Sie lautete: Das sei die Brötchenbestellung der Gäste.

Vermutlich korrekt, denn auch bei uns klappte die morgendliche Versorgung nach Türstrichen einwandfrei.

Heute muss ich bei der Segensformel "20*C+M+B+10" sofort an den Skiurlaub denken. Nun wollen die Gläubigen sicher nicht 20 Brötchen erbitten, C für Cerealien, M für Mohn, B für Bagel und obendrein noch zehn Ofenfrische. Frevel!

Doch die Verbindung hat sich seit Kindertagen wie beim Pawlowschen Hund und seiner Klingel eingeprägt. Statt Sternensinger sehe ich auch hewute immer noch eines: Brötchen. Das ist eben meine kulinarische Form der Religion. Und heißt es nicht auch: Herr, gib uns unser tägliches Brot? Ich kann doch auch nichts dafür. Für mich gibt es eben auch einen Brötchensegen.