Im Volkshochschul-Kursus bleiben die Herren unter sich. Die Damen dürfen später mit speisen.

Stelle. Dies wird ein Tag werden, an dem es köstlich duften wird. Es wird viel gelacht werden und ein wenig gefrotzelt. Und nach vier Stunden entspannten Schaffens wird ein Mahl auf dem Tisch stehen, nach dem sich Liebhaber erlesener Speisen und (Fernseh-)Köche die Finger lecken würden.

An diesem Sonnabend in der Küche der Haupt- und Realschule in Stelle werden sich zwölf leidenschaftliche Hobby-Köche und ein ehemaliger Sternekoch so richtg ins Zeug legen. Es ist ein Tag, der fast schöner nicht sein könnte für Männer aus dem Bürgertum im Alter zwischen 46 und 72 Jahren. Sie sind unter Männern, können ihren Beruf Beruf sein lassen und mit den Händen und allen Sinnen ihrer Passion frönen: superbe Speisen zubereiten, dabei ein Gläschen erlesenen Weines trinken und schließlich einen extraordinären Gaumengenuss servieren.

Das besondere an diesem Kochtag in Stelle: Frauen sind beim Kochen unerwünscht. "Wir sind einer der wenigen reinen Männerkochkurse", sagt der Rentner Hans-Peter Plasil, 63, aus Ashausen. "Hier kommt keine Frau rein."

Aber es wird noch ein feminines Happy End geben: Ab 11.30 Uhr arrivieren die besseren Hälften der Herren und werden mit Campari-O von ihren Göttergatten begrüßt. Eine Stunde später servieren die Herren Amuse gueules, Lachs und Zander im Sauerkraut auf Traubensauce, Hamburger Stubenküken mit Linsenragout und pochiertem Ei und als finale Götterspeise drei Desserts: Frischkäse mit Honig und Walnüssen, Kastanien-Parfait mit gefüllten Crepes und Apfelkuchen mit Streusel. Dazu gibt es formidable Weine, auf die Gänge abgestimmt.

Seit sechs Jahren kochen die meisten der Männer nun schon gemeinsam. Veranstaltet wird der monatliche Kochtag in der Schul-Cuisine von der Kreisvolkshochschule Winsen - dienstags kostet er 13 Euro, sonnabends 21 Euro. Die Zutaten wie Stubenküken, Balsamico, Zanderfilets und Slivovitz (für die Crepes) zahlen die Herren extra.

Eigentlich verderben ja viele Köche den Brei, aber in den fünf Küchenzeilen herrscht an diesem Tag ein friedliches, kooperatives Miteinander. Hartmut schnippelt den Knoblauch, Bernd brät die Crepes und schlägt die Schlagsahne und Wolfgang würfelt die Tomaten.

Aber keine Küche ohne Küchenchef, das gilt auch für diese muntere Gruppe, die in schwarzen T-Shirts mit der Aufschrift "Paulmann's Crew" werkelt. Denn Paulmann, Wolfgang Paulmann, 72, ist ihr Inspirator und Kontrolleur zwischen den Küchenzeilen. Der Hittfelder hat im Hamburger Hotel Atlantic 21 Jahre als Küchenchef gearbeitet und sich als einziger Atlantic-Koch einen Stern erkocht.

Wolfgang Paulmann ummantelt ein Lachsfilet mit einem Sauerkrautmantel und wirft einen Blick auf Wilfrieds Zanderrolle. "Nimm die beiden Hände bei der Arbeit, du hast doch zwei", raunzt Wolfgang Wilfried an, und Wilfried arbeitet prompt mit beiden Händen und fragt Wolfgang, was er später mit der Sahne machen solle. "Die", sagt Wolfgang, "kommt eine Minute vor dem Servieren in die Soße."

Wolfgang hat noch andere Widrigkeiten im Visier. So kippt der Bernd Olivenöl in die Pfanne für die Crepes, worauf der Wolfgang sagt, "dass man ein Dessert nicht mit Olivenöl macht". "Wenn die Frauen kommen", analysiert Michael, 58, aus Buchholz, "macht der Chef noch mehr Stress, er möchte halt immer alles perfekt haben."

Die Stimmung in der Schulküche ist derweil trotz des strengen Maestros gelassen und fröhlich. Die Herren Hobbyköche - vom IT-Fachmann über den Polizisten bis zum stellvertretenden Schulleiter - sind ein Herz und eine Seele, sie schnacken über Rezepte und das letzte Remis des HSV, und Wilfried, 68, aus Stelle bringt es so auf den Punkt: "Hier wird viel gelästert und gelacht."

So wird Frank, 47, Polizeibeamter aus Ashausen, von seinen Co-Köchen liebevoll "Dessous-Chef" genannt, weil er vor ein paar Jahren mal eine "hammerhagenmäßige Soße", eine Komposition mit Rotwein zum Hasen, kreiert hatte. Da war er prompt der Souschef, der Soßenchef, und etwas später dann halt der Dessous-Chef.

Während die Schützenvereine und freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Harburg mit Nachwuchssorgen zu kämpfen haben, scheinen die Kochkurse ganz den Zeit-Geschmack zu treffen: Sternekoch Wolfgang leitet allein vier Kochkurse für die Kreisvolkshochschule. Und die Koch-Männer von Stelle stehen so treu zu ihrem Wolfgang wie einst die Tenöre und Bässe eines Männergesangsvereins: Die meisten sind jetzt schon seit Jahren dabei.

Der Unterschied zwischen den Schützenvereinen und diesem Männerkochkursus: Bei den Schützen gibt es Bier und Schnaps, oft nicht gerade wenig. Im Männerkochkursus gib es Sauvignon Blanc von der Winzergenossenschaft Laufen und nach dem fünften Glas à 0,05 Liter ist Schluss mit lustig.

"Männer kochen mit Liebe" heißt der Kochkursus in Stelle. Und diese Männer kochen mit Liebe! Michael schneidet die Tomaten - sieht super akkurat aus, das Gemüse von den Kanaren. Aber dann kommt der Wolfgang und befindet, dass die Tomatenstücke zu groß seien. "Schneide die bitte noch mal kleiner, Michael, das sind ja Balken", sagt der Sternekoch, und Michael arbeitet mit Inbrunst und Liebe noch mal nach. "Der Wolfgang", sagt Michael, "treibt uns zu Höchstleistungen."

Dann kommen die Frauen. Ausgelassen und gespannt auf das große Diner, dass ihre Göttergatten ihnen zubereitet haben. Christiane sagt, "Liebe geht ja durch den Magen, und wir profitieren ja davon, denn jetzt werden wir zu Hause ja auch verwöhnt und bekocht. Ich habe die Küche komplett an meinen Gerhard abgegeben - er ist jetzt der Koch, ich backe nur noch."

Eines verbindet die Schützen und die Feuerwehrmänner und die Hobby-Köche, die mit Liebe kochen: Sie sind fern ihrer Frauen, wenn sie ihren Passionen frönen. Frauen treffen sich zum Kaffeeklatsch (heute beim Latte Macchiato für 3,50 Euro im In-Café), Männer gehen in die Kneipe. Birgit, 49, aus Stelle findet, "unsere Männer sollen ja auch mal unter sich sein, wir Frauen wollen ja auch mal unter uns sein".

Fast sein ganzes Leben hat der Sternekoch Wolfgang in großen Küchen gekocht. Jetzt kocht er viermal im Monat mit Frauen und Männern im Landkreis Harburg. Sein Resümee: "Die Männer sehen das Kochen als Spaß. Die Frauen nicht ganz so, denn sie müssen zu Hause für ihre Familie kochen."