Kürzlich als wieder Schnee lag, warnte mich ein Bekannter: “Passen Sie auf, damit Sie nicht fallen. Es ist glatt draußen und gefährlich für ältere Menschen.“ Zuerst war ich überrascht.

Aber dann sagte ich mir, dass ich mich an solche Sätze gewöhnen müsse. Zumal wenn die Leute wissen, dass ich der Siebzig-Plus-Generation angehöre.

Warum war ich über die Warnung so überrascht? Weil man mich als alten Menschen wahrgenommen hat? Dabei lebe ich schon lange wie ein Ruheständler. Ich laufe keiner S-Bahn mehr hinterher und verpasse für einen malerischen Sonnenaufgang jeden Bus. Ich versuche nicht mehr alles auf dem kürzesten Weg zu erreichen: die Welt kennenzulernen oder unter Termindruck viele Texte zu schreiben und so weiter. Mit gedrosseltem Tempo spaziere ich durch den Ruhestand.

Auf dem Weg zum Café au Lait im ruhigen Café zum Beispiel oder zum Klönschnack mit alten Fischern am Kutter-Kai im Fischerhafen an welcher Küste auch immer. Und manchmal auf dem Weg zum Schreibtisch, um ohne Termindruck etwas zu schreiben, was ich schon immer schreiben wollte. Ich kenne meine Grenzen, allerdings will ich sie nicht wahrhaben. Denn hin und wieder meldet sich der alte Herumtreiber in mir und möchte mich zu unvernünftigen Unternehmungen ermuntern.

Ich glaube, die sogenannte Vernunft des Alters ist nichts anderes, als die Erkenntnis, dass die physische und nervliche Kraft nicht ausreicht, um Unvernünftiges zu unternehmen. Sonst würden wir es wohl tun. Der Philosoph Voltaire hat einst gesagt: "Wer nicht den Geist seines Alters hat, hat seines Alters ganzes Ungemach." Ist das nicht schön ausgedrückt? So ist es, wenn man älter wird.