Kein Nachfolger, darum schließt das Geschäft im Centrumshaus nach 28 Jahren

Harburg. Im preisgekrönten Film "Sideways" von Alexander Payne geht es zwei Stunden lang um Wein. Bei Eyk Lutz Maekelnburg, 68, und Claus-Jürgen Koefod, 63, Inhaber des "Weincontor" im Centrumshaus, dreht sich seit 28 Jahren, jeweils an sechs Tagen in der Woche, fast zehn Stunden lang, alles um den Rebensaft und andere gute Tropfen.

Maekelnburg hat alle seine Weine "ich weiß selbst nicht, wie viele es sind", sagt er, selbst probiert, kennt jeden "seiner" Winzer und hat alle kleinen Etiketten vor den Weinregalen mit Tipps und Serviervorschlägen für seine Kunden beschriftet. Kaum zu glauben, dass der Experte und Weinliebhaber sein "Weincontor" am 31. März schließt. "Alles hat seine Zeit. Und jetzt möchte ich nicht mehr an sechs Tagen in der Woche im Laden stehen, jetzt will ich reisen, an die Ostsee, nach Sylt und die Tage genießen", sagt er.

Koefod ist nachdenklich, kann sich nicht so leicht von seinem Alltag lösen. "Wir haben alles versucht, um neue Kunden zu uns zu ziehen, haben Probieraktionen angeboten, haben im Sommer Tische und Stühle herausgestellt - es wurde halt nicht angenommen", sagt er. Und: "In Eppendorf hätten sie uns die Bude eingerannt." Denn die beiden haben viele Raritäten auf Lager. So bieten sie hamburgweit die größte Auswahl an Portweinen, von 7,90 Euro bis zum Premiumtropfen für 1000 Euro pro Flasche.

Stolz zeigt Maekelnburg auf seine Grappa-Sammlung. Von Levi, jede Flasche mit handbemalten Etiketten. Trennen will er sich von diesen Kostbarkeiten nicht. "Privatsammlung" steht auf dem Regal. An der Theke warten Anisliköre auf Abnehmer. "Sonderabfüllungen für uns", sagt der 68-Jährige. In einem Regal fällt ein goldgelb leuchtender Karibik-Rum in einer dickwandigen Flasche auf. Ebenfalls speziell fürs "Weincontor" produziert. So könnte ihn auch Captain Morgan in seiner Piratenkajüte auf Lager gehabt haben. Maekelnburg und Koefod haben Sinn fürs Detail, wenn es um die Einrichtung ihres Ladens geht. Gourmet-Zeitschriften wurden auf die beiden aufmerksam.

"Das hat uns Kunden aus der Schweiz beschert, die hier genau die Weinsorten gefunden haben, nach denen sie schon lange gesucht hatten", sagt Koefod. Er weiß genau, welchen Wein man fürs Geschäftsessen mit dem Chef wählen sollte und zu welchem Wein auch schon mal eine gute Zigarre passt. Beratung war ihm immer wichtig.

"Aber vielen Harburgern offenbar nicht. Hier kann man halt an jeder Ecke Wein kaufen." Die Konkurrenz ist groß. Allerdings: Bekannt für beliebig und billig, das wollten die beiden nie sein. Weshalb Maekelnburg einst seinen Laden dann nicht in einem schicken Viertel jenseits der Elbe aufgemacht hat: "Ich bin in Harburg aufgewachsen. Ich mag die Leute und die Gegend", sagt er. Allerdings macht er beim Thema Innenstadt Abstriche. "Das ging schon vor zehn Jahren bergab. Zu viele Ein-Euro-Shops, Bäcker und Imbissbuden haben sich hier angesiedelt. Fast alle inhabergeführten, guten Geschäfte sind weg. Es ist eine Katastrophe." Koefod nickt. Ja, wenn man es schaffen würde, dass die Harburger wieder in ihrer City einkaufen. "Die fahren ja alle woanders hin", sagt der 63-Jährige.

Harburg werde zu negativ bewertet. Das haben die beiden erfahren, als sie per Anzeige im Abendblatt nach einem Nachfolger für ihren Laden gesucht haben. Wochenlang. "Da hat sich keiner gemeldet. Der Stadtteil schreckt offenbar ab", sagt Maekelnburg. So ganz trennen kann er sich von seinem "Weincontor" doch nicht. "Kunden finden uns künftig vielleicht im Internet oder können uns anrufen, wenn sie Wein und andere Spirituosen bestellen wollen."

Man kann sich die beiden gut vorstellen, wie sie in einigen Wochen in ihrem Weinlager an einem Tisch sitzen und vielleicht in Ruhe "Sideways" gucken. Was dazu entkorkt werden könnte, weiß Maekelnburg schon. "Wir haben da noch ein Fass Suao, der beste Brandy Spaniens", sagt er und lächelt.