Frank Horch und Richard David Precht stehen im Mittelpunkt der Veranstaltung

Heimfeld. Er war der erste Stern des Abends: Als Ex-Handelskammer-Präses Frank Horch am Mittwochabend um 18.40 über den roten Teppich ins Hotel Lindtner in Heimfeld schritt, waren die Augen der Gäste sofort auf ihn gerichtet. Kein Wunder: Der 61-Jährige aus Buxtehude ist derzeit in aller Munde, schließlich will er Hamburger Wirtschaftssenator werden, wenn die Sozialdemokraten nach den Bürgerschafswahlen Regierungsverantwortung übernehmen sollten.

Und es sieht ja nicht schlecht aus für die Hamburger Genossen. Die Umfragen sehen die SPD bei 43 Prozent - Frank Horch ist da etwas zurückhaltender, als er beim Jahresempfang der Sparkasse Harburg-Buxtehude mit dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg Eberhard Manzke mit einem Gläschen Sekt auf den Abend anstößt. "40 Prozent plus wäre ein sehr gutes Ergebnis", sagt Horch.

Immer mehr der 550 Gäste - Politiker, Bürgermeister, Wirtschaftskapitäne, Würdenträger, Kunden und Sparkassenmitarbeiter - drängeln sich an diesem Abend im Foyer des Hotels, und Frank Horch wird immer wieder auf eine kurze Konversation eingeladen. "Ich bedauere das ja, aber ich sehe das auch als eine Herausforderung für Sie", sagt der Hamburger Rechtsanwalt Prof. Hartwig Ahlberg und schüttelt Frank Horch lange die Hand. "Es ist auch eine dicke Chance für die Wirtschaft, ohne mich da als Person herauszuheben", sagt der mögliche künftige Wirtschaftssenator.

Auch Gerhard Puttfarken, Altpräsident des Rotary Clubs Hamburg-Haake, schüttelt Frank Horch die Hand: "Jetzt wollen Sie in die Politik. Mein lieber Mann, ich wünsche Ihnen alles Gute und toi, toi, toi!"

Im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt beantwortet Frank Horch zwei Fragen: Musste Olaf Scholz starke Überzeugungsarbeit leisten? "Nein, wir sind sehr schnell in der Diskussion der einzelnen Themen zu einem hohen Deckungsgrad gekommen. Wir beide sagen, dass dieser sich zwischen 95 und 98 Prozent bewegt. Es hat nicht lange gedauert, bis wir an diesem Ziel angelangt waren. Ich bin sehr froh, dass wir unsere vertraulichen Vorgespräche geheim halten konnten - das war nicht einfach."

Ob er denn ein lupenreiner Genosse sei, lautet die zweite Frage. Frank Horch schmunzelt. "Nein, bin ich nicht. Ich mache das nicht vorrangig für die SPD, sondern für Hamburg und die Hamburger Wirtschaft."

Auch mit zwei CDU-Granden kommt Frank Horch ins Gespräch: mit Harburgs CDU-Chef Ralf-Dieter Fischer und mit dem niedersächsischen Landtagsabgeordneten Heiner Schönecke. "Ich will meine Unabhängigkeit erhalten", verspricht der Ex-Präses den beiden. Schönecke daraufhin launisch: "Wenn Sie schon Rot-Grün regieren müssen, sehen Sie zu, dass Sie die Verkehrsprobleme im Norden und Süden Hamburgs lösen." Das wolle er, inklusive einer Hafenquerspange, sagt Frank Horch.

Der zweite Stern des Abends, darüber waren sich alle Gäste einig, war der Festredner: der Philosoph und Bestsellerautor Dr. Richard David Precht. Es kam mit einem auf den ersten Blick sperrigen Thema nach Heimfeld: "Moral und Vertrauen für eine zukünftige Gesellschaft". Aber sein freier, druckreifer Vortrag ohne Spickzettel, garniert mit zahlreichen Anekdoten und Lachern, ließ keinen der Zuhörer abschweifen, - und das eine Stunde lang. Das war wirklich à la bonne heure!

Zum Schluss machte sich Precht "im Jahr nach Sarrazin" dafür stark, "dass die bürgerliche Mittelschicht - zum Beispiel Großeltern und Sparkassenauszubildende - zu Kevin und Ahmed in die Schule geht und ihnen Deutsch beibringt".

Das wäre ein Beitrag, das moralische Potenzial in der Gesellschaft zu halten. Precht: "Denn es geht in der Integrationsdebatte nicht um die ethnische Zugehörigkeit, sondern nur um sozial oder asozial."