Kennen Sie solche Situation? Aus Höflichkeit hören Sie einem Gesprächspartner zu, der über ein Thema spricht, das Sie nicht interessiert.

Aber Sie halten durch, bis Sie vor lauter Höflichkeit und Ermüdung fast vornüber vom Stuhl fallen.

Manche Leute verspüren auch in meiner Gegenwart hin und wieder das Bedürfnis, mir Dinge zu erzählen, die mich nicht interessieren. Erbarmungslos erdrücken sie mich mit ihren Wortkaskaden. Manchmal fällt mein Kopf vor schläfriger Erschöpfung nach vorne. Diese Bewegung konnte ich bisher immer im letzten Moment gerade noch als heftiges Nicken erscheinen lassen. Schließlich zeige ich nur ungern mein Desinteresse.

Warum bin ich gelegentlich das offene Ohr, das einige Leute so gern finden? Vielleicht liegt es daran, dass ich ein Zuhörergesicht habe. Ja, Sie haben richtig gelesen! Das behauptete einst eine ältere Dame in der Warteschlange vor einer Supermarktkasse, nachdem sie mir viel von ihrer Familie erzählt hatte. Gibt es ein Zuhörergesicht? Erblicke ich im Spiegel mein Gesicht, verspüre ich allerdings kein Bedürfnis mir selbst etwas zu erzählen. Dabei könnte ich lustige und unglaubliche Geschichten erzählen. Aber für mich selbst wäre ich bestimmt kein guter Zuhörer. Zumal ich alle diese Geschichten schon kenne, zumindest die wahren.

Nur mein Seemannsgarn spinne ich gern immer wieder neu. Dabei kann ich mich selbst mit spontanen Einfällen überraschen. Es macht Spaß, Lügengeschichten zu erfinden und zu beobachten, wenn die Zuhörer es bemerken. Wie schon Wilhelm Busch es einst so treffend ausdrückte: "Der Beste muss mitunter lügen, zuweilen tut er es mit Vergnügen." Alles klar?