Syrisch-orthodoxe Kirchengemeinde investiert 1,2 Millionen Euro Spenden für ihre Kirche

Sinstorf. Messingfarbene Kronleuchter sind an der Decke des ehemaligen, 1000 Quadratmeter großen Fitnesscenters an der Winsener Straße angebracht worden, an der einen oder anderen Ecke fehlen noch ein paar Marmorfliesen. Bald wird die Kirche, die die Mitglieder der syrisch-orthodoxen Kirchengemeinde St. Maria und St. Shmuni seit 2007 in Eigenleistung gebaut und durch Spenden in Höhe von bislang 1,2 Millionen Euro finanziert haben, eingeweiht. "Wir möchten noch Kirchenbänke und Taufbecken kaufen. Dafür haben wir allerdings noch kein Geld", sagt

Verwaltungschef Torsten Meinberg besichtigt die Kirche

Pfarrer Moses Dogan und rückt noch ein paar Stühle in "seiner" Kirche zurecht. Denn wichtiger Besuch steht ins Haus. Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg will den Neubau besichtigen - für Dogan und die Vorstandsmitglieder der Gemeinde eine besondere Ehre. Dogan will dem Verwaltungschef davon berichten, wie es war, als Vorstandsmitglied Aziz Acan in die alte aramäische Heimat vieler Gemeindemitglieder, dem Tur Abdin Gebirge (Berg der Knechte Gottes) in der Osttürkei, gefahren ist und Steinbrüche abgeklappert hat. Solange, bis er den geeigneten Basalt für Altar, Brüstungen und Ornamente für die Innenausstattung der Kirche gefunden hatte. Nun steht Acan vor dem Altar. Er kann sich an den Verzierungen - Trauben, Ranken, Vögel sind in den Stein gehauen - nicht satt sehen.

"Zwei ältere Gemeindemitglieder wussten noch, wie die Ornamente in unseren Heimatkirchen zusammengefügt werden müssen. Die beiden Männer, 80 und 60 Jahre alt, haben es uns gezeigt", sagt der Schlosser, der auf der Sietas-Werft arbeitet. Er hat jede freie Minute auf der Baustelle verbracht, fast jeden Stein hat er angefasst, die Wände verputzt und die Marmorfliesen, die aus Indien stammen, verlegt. "Ohne Eigenleistung hätten wir das nicht geschafft. Die Bauarbeiten wären zu teuer gewesen", sagt er. Für ihn und die Gläubigen aus Harburg hat die Kirche eine besondere Bedeutung. Vor 40 Jahren sind viele der Familien aus der Türkei nach Deutschland geflüchtet, da sie aufgrund ihres christlichen Glaubens dort verfolgt wurden. "Aus unseren Kirchen sind Moscheen geworden", so Dogan. Ihm und den Gläubigen ist es sehr wichtig, ihre Kultur und christliche Religion in ihrer neuen Heimat leben zu können. Deshalb öffnete Pfarrer Moses bereits an Weihnachten die Pforten der Kirche, um den traditionellen Gottesdienst abhalten zu können. "Das war ein tolles Erlebnis für uns alle", sagt er. Zuvor waren die Gemeindemitglieder in benachbarten Kirchen zu Gast, wenn sie Messen abhalten wollten.

Auch davon erzählt er Torsten Meinberg, der sich unterdessen in der Kirche eingefunden hat. "Dieser Besuch ist für mich ein tolles Erlebnis. Es ist beeindruckend, dass diese Kirche aus Spenden finanziert worden ist", sagt er und lässt sich von Dogan Tauf- und Beichtpagode sowie den Altarbereich erklären. Dort, wo Dogan sich während der Gebete gen Osten richtet, so, wie es üblich ist bei den syrisch-orthodoxen Christen. Doch die Kirche soll nicht nur ein Stück Heimat für die Aramäer sein, sie will sich allen Christen öffnen. "Wir wollen Vorurteile abbauen und aktive Beiträge zur Integration leisten", betont der Pfarrer.

Geld von der Bürgerschaft erhält die Gemeinde nun doch nicht

Zur gelebten Tradition gehört deshalb Gastfreundschaft. Und so berichtet Dogan bei Kaffee und Kuchen im Gemeindesaal von den Sorgen und Nöten. Und äußert auch Kritik. Denn eigentlich hatte die CDU vor, die Gemeinde in ihren Bemühungen zu unterstützen und brachte deshalb einen entsprechenden Antrag in die Bürgerschaft ein, um Geld aus dem Sondermitteltopf des Gremiums einzuwerben. Doch das ging schief, und Dogan ist enttäuscht. "Wir haben so hohe Eigenleistung erbracht. Da wäre das Geld eine Geste der Akzeptanz und Anerkennung gewesen."

Der Antrag beinhaltete, dass St. Maria und St. Shmuni 50 000 Euro für offene Jugendarbeit erhalten sollte. "Das ist leider nicht mehr möglich, da Neuwahlen anstehen und die Bürgerschaft nicht mehr beschließen kann", sagt CDU-Kreischef Ralf Dieter Fischer. Das Geld scheint verloren für die Gemeinde, denn ebenjene Sondermittel, mit denen unter anderem wie berichtet, auch Objekte des Kunstpfades renoviert werden, stehen 2011 nicht mehr zur Verfügung. "Den Fonds wird es nicht mehr geben", sagt Fischer. Dogan ist traurig, dennoch will seine Gemeinde Seniorentreffs und Angebote für Jugendliche schaffen. "Das kriegen wir auch noch hin", sagt er. Denn der Glaube könne bekanntlich Berge versetzen.

Wer Pfarrer Moses Dogan finanziell unterstützen will: Hamburger Volksbank, BLZ: 201 900 03, Kontonummer 32 09 03 07.