Neulich, ich weiß auch nicht wieso, musste ich wieder an meine erste Liebe denken. Ole und ich lernten uns 1975 im alternativen Kinderladen kennen.

Zuerst stritten wir uns, dann funkte es: Als wir miteinander rangen, um unseren jeweiligen Bauklotz in eine freie Lücke zu zwängen, passten plötzlich beide hinein. Ein Schlüsselerlebnis: Es gibt Konflikte, aus denen beide Parteien als Gewinner hervorgehen. Fortan waren wir unzertrennlich. Die wichtigste Lektion in Sachen Liebe hatten wir uns gegenseitig beigebracht.

Dann kam die Grundschule, und aus Flirt wurde ernst. Ich traf Lars aus der 1b. Wir werden heiraten, "wenn wir groß sind", das stand von Anfang an fest. Wir liebten uns mit der tiefen Ernsthaftigkeit, zu der nur Kinder fähig sind, frei von Zweifel und Zynismus. Sex spielte eine untergeordnete Rolle.

Es waren immer noch die 70er-Jahre. Schon im Kinderladen hatten wir mehr anatomischen Details bezüglich des Geschlechtsaktes aufgedrängt bekommen, als wir wissen wollten. Entsprechend zurückhaltend waren wir mit dem, was man früher "Doktorspielchen" nannte. Wichtiger war uns die geistige Verbindung. Wir verstanden uns auch ganz ohne Worte. Manchmal durfte ich sogar seine Bande anführen.

Nach der Grundschule zog Lars weg, und ich wurde groß. Jahre später habe ich Ole und Lars als Erwachsene wieder getroffen. Wir hatten uns wenig zu sagen, es blieb bei einem Treffen. Ich war enttäuscht, dass mit unserer Kindheit auch die Verbundenheit so spurlos entschwunden war. Vielleicht ist es deshalb so selten, dass eine Sandkastenliebe in eine Erwachsenenehe mündet: Als Kinder sind wir andere.