Helmuth Schmeling züchtet in Schierhorn Harzer-Roller

Schierhorn. "Die Harzer-Roller haben den Rhythmus im Blut", sagt Helmuth Schmeling, 57, und spitzt die Lippen. In seinem Keller hüpfen etwa 40 gelbe Vögel aufgeregt hin und her, jeder in einem kleinen hölzernen Käfig, nicht größer als ein Kinderschuh-Karton. Dann pfeift er mit ihnen. "Krruruurru", lülülülü", "lolololo", klingt es durch den Raum. "Ich habe erstklassige Sänger", freut sich Helmuth Schmeling. Sein Beruf: Heizungsbauer. Seine Leidenschaft: Die Zucht und Gesangsausbildung von Harzer-Rollern, eine Kanarienvogel-Art, die für ihren Gesang bekannt ist.

Angefangen hat alles 1988. Damals hat der Schierhorner im Fernsehen Beiträge über die Harzer Tradition gesehen, diese speziellen Kanarienvögel zu züchten. Er war begeistert - von den klangvollen Melodien, der Fähigkeit der Tiere, mit scheinbar geschlossenem Schnabel zu singen. Die Singvögel seien früher von Harzer Bergleuten als Sauerstoff-Anzeiger in der Grube eingesetzt worden - heißt es.

Seine ersten drei Vogel-Paare kaufte der Familienvater bei einem Händler in Quickborn, je drei Hennen und drei Hähne. Und begann mit der Zucht. Am Anfang mit mäßigem Erfolg. "Ich musste die ersten Jahre viel Lehrgeld zahlen", sagt Helmuth Schmeling lachend. Dann wechselte er den Züchter. Der Mann aus Meckelfeld verkaufte ihm besonders "stimmgewaltige" Tiere - alles weitere las sich der Hobbyzüchter an. Mittlerweile ist er Verbandsmeister im Landesverband der Harzer-Roller-Züchter und mit Herz und Seele dabei.

Im März beginnen die Tiere mit der Paarung. Zu dieser Zeit sind sie in einem Holzhäuschen in seinem Garten untergebracht: in sechs Volieren à zwei mal 1,20 Metern. Die Hennen legen bis zu fünf Eier. Damit sie alle gleich lang bebrütet werden, nimmt Helmuth Schmeling jedes Ei vorsichtig heraus und ersetzt es durch ein Kunststoffei. Wurde das letzte Ei gelegt, kommen alle anderen wieder zurück ins Nest. So schlüpfen alle Jungen nach etwa 14 Tagen gleichzeitig.

Insgesamt 100 Vögel zählt der stolze Besitzer mittlerweile. Von Züchtern, die der Natur ins Handwerk pfuschen wollen, hält Helmuth Schmeling nichts. "Manche Kollegen versuchen, ihre Tiere sich bereits im Winter paaren zu lassen, um noch mehr zu züchten", sagt er und füllt frisches Wasser in die Miniatur-Trinknäpfe. Aber es gehe doch um Lebewesen, die man mit Ruhe und Geduld behandeln muss. Helmuth Schmeling redet oft mit seinen Vögeln - das mögen sie.

Im Oktober kommen die Männchen in den Keller. Nur die Hähne singen. Zuerst ist es ein wildes Geträller. Doch Helmuth Schmeling gibt den Tieren Zeit, lässt sie sich erst einmal an die fremde Umgebung gewöhnen. Dann schiebt er kleine Trennwände zwischen die Käfige, so dass sich die kleinen Sänger untereinander nicht mehr sehen können. In der Mitte des Raumes steht ein Klapptisch - so wie bei den Vereins- und Verbandsmeisterschaften auch. Die Aufgabe Helmuth Schmelings: Die schlechten Sänger herausfiltern und die passenden zusammenstellen. Denn vor den Preisrichtern treten immer vier gemeinsam an. Das Lied eines Harzer-Rollers besteht hauptsächlich aus vier Strophen beziehungsweise Touren: Hohlrolle, Knorre, Pfeife und Hohlklingel. Während die Käfige in den Regalen leicht abgedunkelt stehen, ist der Tisch immer hell erleuchtet. Helmuth Schmeling stapelt vier der kleinen Käfige übereinander. "Stehen sie auf dem Tisch und singen, bekommen sie anschließend extra Futter." So werden die Tiere konditioniert.

Im Januar stehen die Deutschen Meisterschaften an - an denen die Harzer-Roller aus Schierhorn nicht teilnehmen. "Von Oktober bis Januar in den kleinen Käfigen, das möchte ich meinen Tieren nicht antun", so Helmuth Schmeling. Sie kommen in die weitläufigere Voliere. Der Hobby-Züchter kennt die Argumente der Tierschützer. Auch er möchte die Zeit in den Minikäfigen so kurz wie möglich halten.

Einen Grossteil der Tiere verkauft er am Ende eines jeden Jahres an Züchter und Kanarienvogel-Liebhaber aus ganz Deutschland und sogar aus Dänemark. Und so beginnt die Zucht im darauf folgenden Frühjahr von neuem.

Jeden Abend frisches Wasser und Futter nachfüllen, Käfige reinigen, die Tiere auf den Klapptisch stellen, singen lassen. So will es der Trainingsplan. Ein aufwendiges Hobby, besonders von Oktober bis Dezember. "Aber die Vögel geben einem Ruhe, üben einen in Geduld", so der Züchter. Er wünscht sich, dass sich auch wieder mehr junge Menschen für diesen Brauch begeistern, dass er sein Wissen weitergeben kann. Helmuth Schmeling: "Wer sich dafür interessiert, kann sich bei mir melden." Telefonnummer: 0 41 87/ 1339.