Der Labrador ist ständig im Unterricht der 8a der Bonifatiusschule dabei

Wilhelmsburg. Barney ist ein ganz besonderes Mitglied der Klasse 8 a der katholischen Bonifatiusschule in Wilhelmsburg. Er kommt ohne Schulranzen in die Schule. Er schläft oft im Unterricht ein und schnarcht sogar manchmal. Wenn er trinkt, macht er laute Schlabbergeräusche. Und er bleibt selten eine Schulstunde auf seinem angestammten Platz, sondern macht immer mal eine kleine Runde im Klassenraum und schaut nach dem Rechten.

Während seine Mitschüler Englisch und Mathematik pauken, lernt Barney zurzeit, dass er niemand anspringen darf, dass er sich setzen soll, wenn die Lehrerin es sagt und wie man Bälle zurückbringt, die die Lehrerin wegwirft.

Obwohl Barney anders ist als die 27 Realschüler im Wilhelmsburger Reiherstiegviertel, ist er wohl der beliebteste Klassenkamerad in der 8 a. Denn Barney ist ein lieber und freundlicher Labrador Retriever - der Klassenhund der 8 a, und auch so etwas wie der Schulhund der Bonifatiusschule, denn er besucht auch andere Klassen, und jeder kennt ihn hier.

Obwohl der schoko-braune Labrador erst knapp acht Monate alt ist, hat er schon einen Preis gewonnen: den "Boni des Monats November". "Boni" ist die Koseform für Bonifatiusschule - der Preis wird für außergewöhnliche schulische und außerschulische Leistungen vergeben. Und Barney ist der erste Preisträger!

"Innerhalb kürzester Zeit konnte Schulhund Barney durch seine charmante Art und sein ruhiges, ausgeglichenes Wesen viele Schüler- und Lehrerherzen erobern und durch seine Anwesenheit im Klassenraum eine besondere, entspannte Atmosphäre schaffen", sagt Schulleiter Erhard Porten, 51. "Barney hat sich um das gute soziale Miteinander und um das Lernen an der Schule sehr verdient gemacht und erhält dafür die Auszeichnung 'Boni des Monats'."

Natürlich läuft Barney nicht alleine durch die Schule, sondern folgt meistens einem Zweibeiner. Sein Frauchen heißt Uta Müllmann. Sie ist 32 Jahre alt und ist die Klassenlehrerin der 8 a. "Für mich war es immer ein Kindheitstraum, einen Hund zu besitzen", sagt Uta Müllmann. "Als ich 14 Jahre alt war, habe ich von einem Lehrer gelesen, der mit zwei Golden Retriever in den Unterricht ging. Aber damals wollte ich noch gar nicht Lehrerin werden. Später hatte ich nicht die Zeit, einem Hund gerecht zu werden."

Barney kam am 15. April dieses Jahres in Lingen im Emsland, Uta Müllmanns Heimat, zur Welt. Nach neun Wochen kam er dann für drei Wochen zu Uta Müllmanns Eltern. In den Sommerferien holte die Lehrerin ihren Welpen dann ab und gewöhnte ihn zwei Wochen lang an den Klassenraum. Seit Anfang des Schuljahres ist Barney jetzt der Klassenhund der 8 a, aber kommt auch mit in den Fachunterricht der 9 a, der 8 b, der 4 c und zu einem Haustierprojekt der dritten und vierten Klassen.

Bevor Barney in die Klasse kommen durfte, mussten alle Eltern grünes Licht geben. Kein Kind hatte eine Hundehaarallergie und nur ein Elternteil hatte "leichte Bedenken. Aber nach dem ersten Elternabend mit Barney waren alle Eltern überzeugt", sagt Uta Müllmann.

Und so stehen jetzt eine Wasserschüssel und ein Fressnapf im Klassenraum der 8 a. Um 13 Uhr bekommt Barney sein Trockenfutter - aber nichts mit Rind oder Weizen, dagegen ist er allergisch. Er liegt noch viel in seinem Körbchen, denn er ist ja noch ein Junghund, aber er geht auch gerne von Schüler zu Schüler - dann schnuppert er ein wenig, holt sich ein paar Streicheleinheiten und legt sich dann irgendwo im Klassenraum wieder hin.

In den großen Pausen kommt dann Ludger Behrens, 66. Er war 40 Jahre Lehrer an der Boni und bekleidet mehrere Ehrenämter in der Schule. Jetzt ist Ludger Behrens auch der "Dog Sitter", der Gassigeher, von Barney. In den großen Pausen und auch mal bei Lehrerkonferenzen geht Ludger Behrens mit Barney eine Runde - oft begleitet von einer Traube Schülern, von denen einige mit dem Hund auf einer kleinen Wiese toben. "Mit Barney kann man seine Energie auspowern", sagt Fabian, 13.

"Sicherlich gab es am Anfang auch einige Vorbehalte gegen das Schulhundprojekt", sagt Schulleiter Erhard Porten, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Katholische Theologie an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken mit seinem Schäferhundmischling Max in die Seminare kam. "Das Thema 'Hund' ist ja auch mit Ängsten besetzt. Nach dem Motto: Mensch und Hund in der Schule - das bringt ein großes Durcheinander. Aber davon ist nichts mehr zu spüren. Barney trägt zu einem angenehmeren positiveren Klima bei und schafft es sogar, eher schwierigen Schülern ein fröhliches Lächeln zu entlocken." "Montagmorgens ist man ja meist nicht so gut gelaunt", sagt Pamela, 14. "Aber wenn Barney hier sitzt, muss man anfangen zu grinsen, und der Tag wird besser." Auch Agata, 14, findet, dass Barney "Freude in die Klasse bringt". "Wenn Barney schläft, respektieren wir, dass er Ruhe braucht", sagt Constancia, 14, die keine Angst mehr vor Hunden hat. "Jetzt herrscht mehr Ruhe in der Klasse, und wir können besser aufpassen, was die Lehrerin sagt." Das Klassenklima habe sich verbessert, "und wir sind leiser geworden", sagt Stefan, 15.

"Wir achten jetzt mehr darauf, dass es auf dem Boden ganz sauber ist, damit Barney keine Nadeln, Kaugummis oder Papier verschluckt", sagt Fabian, 13. Und Marcel, 14, sagt, dass "man Barney auch seine Sorgen erzählen kann. Er hat einfach so eine warme Ausstrahlung."

Barneys Frauchen sagt: "Einige Schüler suchen Barneys Nähe, um mit dem Tier als Mittler wieder kooperativer mit dem Lehrer zusammenarbeiten zu können. Früher eher ängstliche und verschlossene Schüler öffnen sich plötzlich und treten ganz zwanglos mit dem Tier in Kontakt. Und auch viele Lehrer entspannen in der Anwesenheit von Barney."

Und so sieht Barney vielleicht sein Hundeleben: "Die lustigen Schüler und die manchmal gestressten Lehrer sind Teil meines Rudels. Viele sind sehr nett zu mir und streicheln mich. Herr Behrens gibt mir manchmal Leckerlis, wenn wir Gassi gehen. Mein Frauchen Uta ist meine Rudelführerin. Die fährt mit mir jeden Tag nach dem Unterricht nach Heimfeld in den Meyers Park, damit ich mich dort ohne Leine zweieinhalb Stunden ganz doll mit anderen Hunden austoben kann. Deswegen bin auch immer so entspannt im Unterricht."