Die Winsener Institution hat sich in sieben Jahren gut etabliert

Winsen. Individuelle Fernreisen, Steuer-, Rechts- und IT-Beratung, professioneller Nachhilfeunterricht, Personal- und Managementtraining - die Bandbreite der Branchenangebote im Gründerzentrum Winsen im Löhnfeld ist groß. Seit 2003 können hier Existenzgründer günstige Arbeitsfläche mieten und Serviceleistungen, wie Empfang, Telefon- und Kopierdienst, Sekretariatsarbeit oder die Nutzung eines Konferenzraums in Anspruch nehmen.

Damals schossen in ganz Deutschland solche Zentren wie Pilze aus dem Boden - Grund hierfür war die schlechte wirtschaftliche Lage. Aber wie sieht die Auslastung des Winsener Gründerzentrums im siebten Jahr seines Bestehens aus?

"Bis Anfang des Jahres hatten wir unsere Fläche von 3300 Quadratmetern voll belegt", freut sich Bodo Ihlenburg von der Sparkasse Harburg-Buxtehude, einer der vier Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft Gründerzentrum - die anderen drei: Willy Koch von der AVW Immobilien AG, Wilfried Seyer von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WLH) und Matthias Wiegleb von der Stadt Winsen. Im Frühjahr 2010 wechselte die größte Firma des Gründer-Zentrums, der Werbe-Experte A&O Fischer, den Standort, zog ins Gewerbegebiet Luhdorf. 600 Quadratmeter wurden damit frei. Davon ist die Hälfte aber bereits wieder vermietet, so Ihlenburg.

Eigentlich hatte es sich die Betriebsgesellschaft genau so gedacht: Jungunternehmer bauen zu vergünstigen Konditionen und in einem professionellen Umfeld ihre Existenz auf. Haben sie sich nach drei bis vier Jahren etabliert, ziehen sie um und machen Platz für neue Existenzen. So das Konzept.

Wer sich allerdings in den Büroräumen umhört, merkt schnell, dass die meisten Firmen schon länger ihren Sitz im Gründerzentrum haben.

Christine Neumann, 34, ist eine von ihnen. Sie hat sich 2005 mit ihrer Agentur für Bildung und Kultur selbstständig gemacht. Seitdem mietet sie ein etwa 20 Quadratmeter großes Büro. Ihr Angebot: Nachhilfeunterricht für Schüler, Erwachsenenbildung, Prüfungsvorbereitungen für Schüler der neunten und zehnten Klassen, ein individuell ausgearbeitetes Kulturprogramm für Kinder und Erwachsene. Besonders das Serviceangebot des Hauses schätzt Christine Neumann sehr. Immer, wenn sie Seminare gibt, oder einen auswärtigen Termin hat, kann sie ihr Telefon auf den Empfang umstellen. Sich zu vergrößern oder Personal einzustellen, plane die Freiberuflerin nicht - auch nicht in nächster Zukunft das Gründerzentrum zu verlassen.

Bei dem modernen Erscheinungsbild des zweistöckigen Baus, seiner attraktiven Lage im Luhepark und den günstigen Mietpreisen nicht weiter verwunderlich. Die Miete beträgt 6,50 Euro pro Quadratmeter zuzüglich üblicher Nebenkosten von 1,80 Euro pro Quadratmeter. Außerdem wird eine Servicepauschale von 1,60 Euro pro Quadratmeter erhoben, je nachdem welche Leistungen der Mieter in Anspruch nimmt. Es gibt fünf verschiedene Bürogrößen und jeder kann so viel Fläche anmieten wie er braucht. Die kleinste Einheit beträgt 20 Quadratmeter.

"Das die Gründer länger bleiben als anfangs gedacht, ist kein Problem", so Matthias Wiegleb von der Stadtverwaltung. Für "Dauermieter" erhöht sich die Miete irgendwann auf 8,50 Euro pro Quadratmeter. Dieser Preis gilt auch für etablierte Unternehmen, die sich mittlerweile ebenfalls im Gründerzentrum einmieten dürfen. Die Erfahrung habe gezeigt, dass es in Winsen und Umgebung nicht genug Existenzgründer gebe, um ein ganzes Zentrum zu füllen. Aber noch immer seien zwei Drittel der Mieter Jungunternehmer und nur ein Drittel etabliert.

Auch Rainer Diedrichsen, 52, muss seit Anfang des Jahres mehr zahlen. Mit Ende 40 erfüllte sich der Bankbetriebswirt einen Traum und machte sich selbstständig. Dazu mietete er im März 2007 ein 20 Quadratmeter großes Büro im Gründerzentrum an. Unter dem Namen Travel Individuell stellt er seinen Kunden auf ihre Wünsche und Bedürfnisse hin maßgeschneiderte Fernreisen zusammen. Pauschalreisen gibt es bei ihm nicht.

Sein Konzept ging auf. Ende 2008 konnte der Reiseexperte eine Reiseverkehrskauffrau und einen Touristikfachwirtin einstellen. Ein zweiter Büroraum wurde gemietet. Mittlerweile macht sein Sohn bei ihm eine Ausbildung zum Reisekaufmann. Rainer Diedrichsen finde den Standort im Luhepark gut. Das Serviceangebot, wie Kopierdienst, nutze er aber eher selten, auch der Kontakt zu den anderen Gründern sei nicht besonders eng.

Das bestätigt auch Christine Neumann. "Als ich 2005 eingezogen bin, waren wir alle neu, haben uns untereinander vernetzt und ausgetauscht", so die Unternehmerin. Doch mittlerweile habe sich der Focus eher weg vom Gründer- hin zum klassischen Businesszentrum verschoben. Da begegne man sich höchstens in der gemeinsam genutzten Küche.

Ein Mieter der ersten Stunde ist in diesem Monat ausgezogen. Stefan Rohde, 39, hat für seinen IT-Service günstige Büroräume bei seinem größten Kunden A&O Fischer mieten können. Stefan Rohde erinnert sich: "In den ersten Wochen im Gründerzentrum standen alle Türen offen, so leer war es." Das ist lange her. Heute wird hinter fast jeder Tür gearbeitet.