Hittfelder Konfirmanden zu Gast beim Abendgebet in Hamburgs größter Moschee

Hittfeld. Männer kommen auf Socken in den großen, blau gekachelten Raum, stellen sich nebeneinander, ihr Blick senkt sich in Richtung der Nische an der Wand, in Richtung Mekka. Sie beten. Der Imam spricht das Abendgebet. Hinter den Männern sitzen Jungen und Mädchen auf dem bunten Teppich, 42 Konfirmanden aus Hittfeld. Sie besuchen Hamburgs größte Moschee, die Centrum-Moschee in der Böckmannstraße in St. Georg. Nach dem Abendgebet beantwortet Tamer Coban (43), Sozialarbeiter der Moschee, die vielen Fragen der Konfirmanden.

Während des Gebets beobachten die Konfirmanden das Geschehen in der Moschee, sie hören dem Imam zu und sehen, wie die Männer beten, wie sie immer wieder niederknien, den Kopf auf den Boden senken. "Warum halten die Männer zu Beginn die Hände an die Ohren?", fragt Joshua (13): "Sie lassen alles Weltliche hinter sich, bevor sie ins Gespräch mit Allah treten", erklärt Coban. Er ist in Bremen aufgewachsen, als Sohn türkischer Einwanderer, hat hier Pädagogik studiert. Sie erfahren, dass Muslime fünfmal am Tag beten und dass es ihnen höher angerechnet wird, wenn sie gemeinsam in der Moschee beten: "Das verstehe ich nicht, wie wird es höher angerechnet", fragt Ferdinand (13): "Muslime glauben daran, dass ihnen beim Jüngsten Gericht vor Allah Gebetsbesuche in der Moschee 24-mal höher angerechnet werden. Also wer öfter in der Moschee betet, kommt eher in den Himmel", erklärt Tamer Coban.

Die Fragen beziehen sich auf den Islam, die Moschee, aber kritisch hinterfragen die Konfirmanden, warum sich muslimische Frauen stets sehr bedeckt zu kleiden haben: "Frauen sollten nicht figurbetont gekleidet sein. Nur die Hände, das Gesicht und die Füße dürfen unbekleidet gezeigt werden", sagt Tamer Coban. Aber das habe jede Frau selbst zu entscheiden, seine Frau trage gern ein Kopftuch, erklärt Coban, der selbst zwei Kinder im Alter von neun und 14 Jahren hat. Geduldig beantwortet er die Fragen, auch oft mit vielen Vergleichen zum christlichen Glauben: "Eure Sonntagspredigt ist so wichtig für euch, wie das Freitagsgebet für uns, dann kommen etwa 1000 Frauen und Männer in die Moschee", sagt Coban. Wobei Frauen und Männer getrennt beten, in verschiedenen Stockwerken. Ob es so etwas wie eine Konfirmation und Taufe gibt? "Wir sind Muslime seit Geburt, in der christlichen Religion werdet ihr Kinder Gottes, wenn ihr getauft werdet", erklärt Tamer Coban.

Vor dem Moschee-Besuch haben Pastor Bernhard Kuhlmann und die Konfirmanden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Religionen herausgearbeitet. "Wir haben die fünf Säulen des Islam und die Säulen des christlichen Glaubens besprochen", sagt Bernhard Kuhlmann, "und uns überlegt, was wir die Muslime gern mal fragen möchten", sagt Bernhard Kuhlmann. So ist Tamer Coban wirklich erstaunt über das Interesse der Kinder: "Man merkt an ihren Fragen, dass sie sich mit unserer Religion kritisch auseinander gesetzt haben und wirklich etwas wissen wollen. Das hilft auch mir: ich erfahre aus ihren Fragestellungen, wie sie uns sehen", freut sich Coban. Der Moscheebesuch hat mehrere Aufgaben: "Wir lernen Hamburgs größte Moschee kennen, erfahren viel vom muslimischen Glauben und in der Begegnung mit der fremden Religion wird uns die eigene Religion bewusster", sagt Pastor Kuhlmann. Und: "Die Jugendlichen erfahren auch, dass die meisten deutschen Muslime die Friedfertigkeit des Islam betonen", sagt Kuhlmann.

Ob sie Weihnachten feiern wie die Christen? "Wir erinnern uns nur an Jesus, für uns ist er ein Prophet", erklärt Tamer Coban. In welcher Sprache der Imam betet, will ein Vater wissen, der die Gruppe mit begleitet: "Bei uns betet er in arabischer und türkischer Sprache", erklärt Coban. Nach eineinhalb Stunden muss Pastor Kuhlmann die Konfirmanden stoppen, um noch den Zug nach Hittfeld zu erreichen.