Tägliches Markttreiben ohne Lounge und gemütlichen Kaffeewagen

Harburg. Erst auf dem Markt einkaufen und dann noch in der Marktlounge unter den wärmenden Heizstrahlern eine heiße Suppe essen und Kaffee trinken: Das gehörte für viele Harburger bislang zum festen Tagesablauf. Doch seit einigen Tagen fehlt das große grüne Zelt, in dem Essenwagen, Tische und Stühle der Marktlounge zu finden waren.

Auch weg: Der Kaffeewagen des Teams vom Team des Caterers Eistraum. Dieser Stand gehörte ebenso zu den beliebtesten Treffpunkten auf dem Wochenmarkt. "Vor oder nach dem Einkauf beim Kaffee gemütlich sitzend das Treiben beobachten, mit anderen klönen, einfach entspannen, das hat die Attraktivität immens gesteigert", schreibt Abendblatt-Leser Dietmar Loefke aufgebracht in seinem Leserbrief. Weshalb solle man nun den Markt besuchen, wenn man nicht unbedingt einkaufen muss, fragt er sich.

Die Marktlounge ist nur noch freitags und sonnabends auf dem Markt

Das sei sehr schade, denn Politik und Verwaltung hätten sehr viele Pläne, um den Wochenmarkt besser aufzustellen. "Unter anderem sollte die Händlervielfalt gewährleistet sein, jetzt hat man das Gefühl, der Markt geht zugrunde, weil so wenig Verkäufer auf dem Sand sind", so Loefke.

Tatsächlich soll die Marktlounge nur noch jeweils freitags und sonnabends auf dem Sand zu finden sein, sagt Eigentümer Gerd Blockhaus, der auch Sprecher der Marktleute ist. Die Kosten seien zu hoch. "Jetzt, in der kalten Jahreszeit, wollen die Leute nur schnell einkaufen und dann wieder nach Hause. Da lohnt es sich nicht, die Marktlounge jeden Tag auf den Sand zu stellen."

Das Argument, dass Vorbesitzer Jens Köster im vergangenen Winter auch bei Temperaturen um die zehn Grad minus Würstchen, Suppe und Kaffee auf dem Markt anbot und reichlich Abnehmer für seine Snacks fand, lässt ihn kalt. Die Sache mit dem Eistraum-Stand weniger.

Die Verwaltung entscheidet über die Warenvielfalt

"Die hatten sich den Wagen von meiner Schwester geliehen und nie Miete dafür bezahlt. Das ging nicht mehr, meine Schwester hatte hohe Kosten. Da habe ich den Wagen übernommen", so Blockhaus. Ob es Kaffee, Kuchen und Marktflair schnuppern im Sommer 2011 wieder geben wird? Blockhaus zuckt die Achseln.

Sven Oliver Scharf vom Eistraum-Team weist Blockhaus' Vorwürfe zurück. "Blockhaus' Schwester, Anuschka Blockhaus, hatte uns das Gefährt geliehen, von Miete war keine Rede", sagt er. Konkrete Gespräche darüber habe es erst gegeben, als Blockhaus den Wagen von seiner Schwester übernommen hatte. "Er hat ihn uns zum Kauf angeboten. Wir lehnten ab, weil wir an der Schlossstraße unser Restaurant Scharf eröffnet haben. Mieten wollten und konnten wir den Wagen dann nicht mehr." Kaufen war ebenfalls nicht drin.

Und es gibt noch einen weiteren Grund. Wer welche Waren auf dem Sand anbietet, ist nicht nur von marktwirtschaftlichen Aspekten abhängig. "Unser Stand auf dem Markt lief prima, das Geschäftsmodell kam gut bei den Harburgern an. Wir wollten noch zusätzlich Brötchen anbieten, passt ja auch gut zum Kaffee und zu den Erfrischungsgetränken. Durften wir aber nicht." Die Verwaltung hatte abgewinkt. Das Amt für Verbraucherschutz ist für die Händler zuständig. Und hier wird beim Angebot nach Ermessen entschieden.

"Es ist wichtig, dass auf dem Markt ein vielfältiges und ausgewogenes Angebot präsentiert wird. Darauf achten die Verwaltungsmitarbeiter", sagt Behördensprecherin Beatrice Göring.

Doch Scharf wittert Unbill aus einer ganz anderen Richtung. Die Entscheidung habe auch etwas mit den unter den Markthändlern herrschenden, ungeschriebenen Gesetzen zu tun.

So verkauft Gerd Blockhaus in seiner Marktlounge belegte Brötchen und Sandwiches und sei nicht so daran interessiert, dass ein weiterer Anbieter mit einem ähnlichen Gastro-Angebot an den Markt gehe. "Es gibt da einige, die sich die Geschäfte gegenseitig zuschustern und andere, die außen vor stehen. Zu denen gehörten leider auch wir", sagt Scharf. Mit dieser Art von bizarrem Konkurrenzschutz wollte er nichts zu tun haben. "Das ist nicht schön, aber wir können damit leben." Harburger wie Dietmar Loefke aber nicht. Nun habe man nur noch den Imbiss, wenn man sich auf dem Markt aufhalten und eine Kleinigkeit zu sich nehmen will.

Sein Fazit: Weniger Konkurrenz bedeute eben nicht automatisch, dass andere Händler davon profitieren würden. Loefke: "Man hat das Gefühl, der Markt geht zugrunde."