Beim Bau des Kraftwerks sind die Kohlelager und Verwaltungsgebäude schon fertig

Moorburg. Der Bau des Kohlekraftwerkes Moorburg nimmt Formen an. Von weither ist das Wirrwarr der Stahl- und Betonbauten und der Kräne in der Nähe der Kattwykbrücke, am Eck von Alter Süderelbe und Köhlbrand, zu erkennen. Das Lager, die Werkstatt und das Verwaltungsgebäude sind schon fertiggestellt. Jetzt sind die meisten Arbeiter mit den Innenausbauten beschäftigt - bei einer Baustellenbesichtigung am Dienstagnachmittag waren nur wenige Bauarbeiter auf dem 23 Hektar großen Gelände zu sehen.

"Nur zehn Prozent unserer 2200 Mitarbeiter auf dem Baufeld stammen aus der Metropolregion Hamburg", sagt die Leiterin des Informations- und Besucherzentrums Moorburg, Gudrun Bode. "Der Rest stammt aus Deutschland und ganz Europa" - der Kraftwerkbau von Moorburg bringt somit geradezu ein babylonisches Sprachengewirr nach Moorburg. So stammen viele Stahlflechter aus Portugal und Albanien, viele Schweißer aus Polen und Serbien. Sie sind in einem Umkreis von 30 Kilometern untergebracht.

Fast fertig sind jetzt auch die beiden Kohlekreislager. Die Dächer aus Nadelholz deutscher und österreichischer Herkunft sind fast schon komplett geschlossen worden. Hier werden in Zukunft bis zu 160 000 Tonnen Kohle lagern, zwischen runden Betonwänden bis zu 31 Meter hoch. Die Transportbrücken zum Kohleübergabeturm sind auch schon errichtet worden. "Die Steinkohle wird vor allem aus Russland, Spitzbergen, Amerika und Südafrika mit dem Schiff nach Moorburg kommen", sagt Gudrun Bode.

Das vom Energieerzeuger Vattenfall betriebene Großprojekt ist derzeit Hamburgs größte "Kompakt-Baustelle". Das Unternehmen beziffert die Investitionssumme mit 2,6 Milliarden Euro - 2006 war noch von 1,3 Milliarden Euro Kosten die Rede gewesen. Im Jahr 2012 soll der erste Kessel in Betrieb gehen. Das Kraftwerk Moorburg wird 11,5 Millionen Megawatt Strom ins Netz einspeisen und damit rechnerisch knapp 90 Prozent des Hamburger Bedarfs decken.

Das im Bau befindliche Steinkohlekraftwerk wird um einen 68 Meter hohen Hybridkühlturm erweitert. Der Baubeginn ist für 2011, die Inbetriebnahme im Frühjahr 2013 vorgesehen. Vattenfall wird in den Bau des Kühlturms rund 200 Millionen Euro investieren. Um auf dem Kraftwerksgrundstück Platz für den Hybridkühlturm zu schaffen, wurde im Sommer 2009 das ölbefeuerte 150-Megawatt-Gasturbinenkraftwerk zurückgebaut. Die Anlage wird die konventionelle Durchlaufkühlung immer dann ersetzen, wenn dies aufgrund niedrigen Sauerstoffgehalts in der Elbe erforderlich ist.

Vattenfall darf das entnommene Elbwasser nur um drei Grad erwärmt zurück in die Elbe leiten. Die maximale Temperatur darf dabei 28 Grad nicht übersteigen. "Notfalls müssen wir im Sommer die Leistungen der Kessel reduzieren", sagt Gudrun Bode. Dadurch könne der Wirkungsgrad des Kraftwerks von 46,5 Prozent (Vattenfall-Angabe) um 1,5 Prozentpunkte sinken. Sollte das Kohlekraftwerk Moorburg in ferner Zukunft einmal mit einer Rauchgaswäsche - zur Abtrennung und Speicherung von Kohlendioxid - nachgerüstet werden, würde der Wirkungsgrad um weitere zehn Prozentpunkte sinken.

Umweltschützer kritisieren, dass das neue Kohlekraftwerk jährlich 8,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen werde. Aktivisten aus Wilhelmsburg machen sich Sorgen, dass die Umweltbelastungen für die Elbinseln deutlich zunehmen könnten. "Wenn das Kohlekraftwerk Moorburg 2012 in Betrieb gehen wird, wird es jährlich 400 Tonnen Feinstaub abgeben", sagt der ehemalige Hamburger Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Harald Köpke, 63. Da in Hamburg der Wind meistens aus Westen wehe, werde ein Großteil dieses Feinstaubes in den Wohngebieten der Elbinsel Wilhelmsburg niedergehen. "Wilhelmsburger Ärzte warnen bereits davor, dass mehr Kinder in Wilhelmsburg mit Atemwegserkrankungen aufwachsen werden."

Vattenfall-Energieberaterin Gudrun Bode hatte am Dienstagnachmittag keine absoluten Zahlen zur Feinstaubbelastung parat. Nur so viel: "Pro Kubikmeter werden zehn Milligramm Staub an die Luft abgegeben - der gesetzliche Grenzwert liegt bei 20 Milligramm."