Die Preise für M+S-Pneus sind zum Teil explodiert, die Händler warten auf Nachschub

Harburg. Winterreifen werden knapp, und die Preise steigen gewaltig. Nach der inzwischen gesetzlich geregelten Verpflichtung, im Winter bei Schnee und Eis nur mit vorschriftsmäßiger M+S-Bereifung zu fahren, gab es in den vergangenen Tagen einen massiven Kundenansturm. Erste Händler melden bei bestimmten Reifengrößen bereits lange Wartezeiten bis zu einem Monat. So kommt es inzwischen sogar schon zum Diebstahl von Winterreifen. In der Beethovenstraße in Stade hoben unbekannte Täter einen geparkten Ford Focus auf untergestellte Pflastersteine und schraubten die komplette Winterbereifung - Bridgestone-Reifen auf Stahlfelgen - ab. Wert der Beute laut Polizei etwa 350 Euro.

Aber der Preis entspricht nicht mehr der Höhe der aktuellen Wiederbeschaffung. Erstens sind Bridgestone-Reifen der Größe 195/70 R15 nach den Worten von Claus Sietas, stellvertretender Niederlassungsleiter von Reifen Helm an der Buxtehuder Straße 39 in Harburg, europaweit vergriffen und zweitens wäre ihr Preis beim Großhandel inzwischen voraussichtlich auf mehr als das Doppelte gestiegen.

Sietas: "Die Sache ist ganz verrückt. Speziell für ältere Fahrzeuge wie VW Lupo, Golf III oder auch zehn Jahre alte VW Polo sind die Preise förmlich explodiert. Da kostet für einen Polo, Baujahr 2001, jetzt ein Satz Winterreifen auf Stahlfelge 880 Euro. Normal lag der Preis bei 350 Euro. Eine starke Nachfrage herrscht auch bei Winterreifen in der Transporterklasse, beispielsweise Sprinter. Selbst für Auslaufmodelle in der Winterbereifung haben sich die Preise vervielfacht. Ein Michelin-Auslaufmodell, das bislang für 112 Euro zu haben war, kostet jetzt 360 Euro."

Wibke Fischer, beim Harburger Reifenhändler Berweger, Karnapp 2, zuständige Verkaufsleiterin, sagt, dass es schon vor der Gesetzesänderung Lieferengpässe bei der Winterreifenbestellung gab, weil der Großhandel einen Großteil der Produktion von den Herstellern aufgekauft habe. Fischer: Inzwischen scheint es bei den Preisen bereits, als seien die kleinen Reifen für den Smart aus Goldfäden gesponnen." Speziell für Fahrzeuge der Mittelklasse sind Winterreifen derzeit im Einzel- und Großhandel noch zu haben, zumeist auch noch zu handelsüblichen Preisen. Fischer: "Bei Bestellungen kann es bis zur Lieferung mehrere Tage dauern, sofern die Reifen noch irgendwo auf Lager liegen. Die Lieferzeit hängt auch vom Zustelldienst ab. Wir geben unseren Kunden Bescheid, wenn ihre Reifen montiert werden können."

Matthias Schmitting, Sprecher vom ADAC Hansa in Hamburg warnt eindringlich davor, sich Billigreifen im Internet oder im Baumarkt zu besorgen, weil die Ware zumeist aus Fernost stamme, zum Teil aus Ländern wie Nordkorea. Derartige Reifen seien laut Schmitting keine Alternative zu getesteten Markenreifen, die dem Autofahrer Sicherheit bieten. Für den ADAC-Sprecher steht außer Frage, dass die Reifenindustrie, die bereits wieder in der Produktion von Sommerreifen steckt, kurzfristig auch die Winterreifenproduktion wieder hochfahren könne. Schmitting: "Wir haben hier die klassische Situation, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Alle wussten, dass Winterreifen eigentlich schon vor der Neuformulierung des Gesetzes Pflicht waren. Aber jetzt droht Bußgeld, und schon gibt es den Ansturm. Und wer sich über die Preise wundert, der hat die Marktwirtschaft nicht verstanden. Mangel und Nachfrage bestimmen den Preis. Das war doch schon zu Jahresbeginn so, als die Schneemassen auf den Straßen lagen und die Städte versäumt hatten sich rechtzeitig mit ausreichenden Mengen an Streusalz einzudecken. Da stockte der Salznachschub, und die Lieferanten machten ein gutes Geschäft."