Oberverwaltungsgericht setzt hohe Hürden für rechtlichen Widerstand von Anwohnern

Mienenbüttel. Gemeinden sind nicht verpflichtet, Logistikparks oder ähnliche Großprojekte nur risikofrei zu planen. Gemeinden dürfen Planungen vornehmen, die nicht von allen betroffenen Bürgern akzeptiert werden. Denn das Interesse der Gemeinde insgesamt könne ein ganz anderes sein als das der unmittelbaren Anwohner.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat mit seiner Entscheidung zur Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans für den Logistikpark in Mienenbüttel ("LogPark Hamburg") hohe Hürden für den rechtlichen Widerstand von Anwohnern und Bürgerinitiativen gelegt. Das Gericht hat jetzt die schriftliche Begründung seines Urteils vom 25. Oktober veröffentlicht (1 KN 266/08). Hier die wichtigsten Leitsätze:

Der Standort an einer Autobahnanschlussstelle im Umkreis von Harburg für ein Gewerbegebiet ist günstig. Das OVG teilt die Auffassung der Gemeinde Neu Wulmstorf, dass selbst bei einem Scheitern der Partnerschaft mit der Habacker Holding unschwer ein anderer Investor hätte gefunden werden können. Das bedeutet, die Gemeinde ist bei der Auswahl ihres Partners kein Risiko eingegangen, das rechtlich zu beanstanden wäre.

Nicht zu beanstanden ist, so das OVG, wenn eine Gemeinde Rücksicht darauf nimmt, dass privatwirtschaftliche Partner eines städtebaulichen Vertrages in ihrer wirtschaftlichen Betätigung regelmäßig auf schnelle Entscheidungsprozesse angewiesen sind. Lange Planungslaufzeiten seien keine Tugend an sich. Eine Bauleitplanung, die wirtschaftliche Chancen um Jahre verpasst, hätte wenig Nutzen.

Es ist kein Planungsmangel, sagt das Gericht, wenn ein Gewerbegebiet an einen Aussiedlerhof heranrückt. Ein landwirtschaftlicher Betrieb könne laut OVG nicht ewig darauf vertrauen, dass andere Unternehmen auf ewig einer attraktiven Verkehrslage nahe einer Bundesstraße fernbleiben. Nach Ansicht der Richter musste die Gemeinde Neu Wulmstorf den Obsthof Viets in Rade als "Erstbesiedler" des Kreuzungsbereiches an der Autobahn 1 und der Bundesstraße 3 nicht in besonderem Maße vor "konkurrierenden Ansprüchen" schützen.

Nachbarn müssen Lärmbelästigungen und Verkehrsbehinderungen, die üblicherweise mit dem Entstehen neuer Baugebiete verbunden sind, hinnehmen. Ein Anlieger, so das OVG, könne nicht zugunsten seines auf Durchgangsverkehr angewiesenen Gewerbebetriebes die Aufrechterhaltung einer Mindestverkehrsdichte für sich reklamieren, noch unter Hinweis auf sein Ruhebedürfnis die weitere wirtschaftliche Entwicklung entlang der Straße "abschnüren".

Die Richter räumen zwar ein, dass der Obsthof Viets während der Bauphase beträchtlichem Verkehrslärm ausgesetzt sei. Die Schutzwürdigkeit eines typischerweise selbst lauten Obstbaubetriebes mit Publikumsverkehr für den Hofladen sei unter diesen Umständen aber nur gering.

Der Obstbauer Claus Viets hatte beanstandet, dass seine Einnahmen während der Bauphase um beinahe 30 Prozent gesunken seien. Das Gericht hält das offenbar für verhältnismäßig: Vorübergehende Zugangserschwernisse und Betriebseinbußen in der Bauphase seien "in gewissem Maße" hinzunehmen, heißt es in dem Urteil.

Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht hat das OVG nicht zugelassen. Dennoch will sich Claus Viets auf dem rechtlichen Weg noch nicht geschlagen geben: Seine Anwälte prüfen zurzeit eine Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht. Sie versuchen, den Oberverwaltungsrichtern gravierende Fehler nachweisen. So wollen sie ein erneutes Verfahren vor dem OVG erzwingen.