Baufälliges Gasthaus in Neu Wulmstorf wird zwangsversteigert und abgerissen

Neu Wulmstorf. Zwei Grundstücke im Neu Wulmstorfer Bahnhofsviertel mit einem Gesamtverkehrswert von 1,12 Millionen Euro kommen kurz vor Weihnachten unter den Hammer. Die Zwangsversteigerung vor dem Amtsgericht Tostedt am 21. Dezember wird das Aus des früheren Gasthauses "Schimmelreiter" bedeuten. Das leer stehende Gebäude ist so marode, dass für einen neuen Eigentümer nur ein Abriss wirtschaftlich ist.

Damit verliert Neu Wulmstorf sein wahrscheinlich zweitältestes Haus. Nach Unterlagen des Freilichtmuseums am Kiekeberg ist es 1905 gebaut worden. Bekannt ist nur ein Wohnhaus, das noch älter ist. Es stammt aus dem Jahr 1866.

Eigentümerin des Gasthauses ist Herta L., dazu gehören ihr insgesamt 4347 Quadratmeter Grund und Boden in unmittelbarer Nähe zum Neu Wulmstorfer S-Bahnhof. Es heißt, Herta L. solle in Spanien leben. Gläubigerin ist die Sparkasse Harburg-Buxtehude.

Seit wann das Haus leer steht, ist dem vom Amtsgericht beauftragten Sachverständigen, Uwe Hagemann, nicht bekannt. Seit mindestens 1999 sei es ungenutzt, sagt Neu Wulmstorfs Gemeindearchivarin Dagmar Müller-Staats. Das historische Gasthaus ist heute das, was man einen "Schandfleck" nennt. Alle Scheiben sind eingeschlagen. Sperrholzplatten sichern notdürftig die Fenster im Erdgeschoss.

Das Urteil des Sachverständigen über die Zukunft des heruntergekommen Hauses ist eindeutig: Der Zustand sei desolat, heißt es in dem Gutachten. Und weiter: Aus dem unbebauten Grundstück sei eine höhere Rendite erzielbar als aus dem Grundstück mit seiner derzeitigen Bebauung und Nutzung. Der neue Eigentümer dürfte das Gasthaus demnach so schnell wie möglich abreißen. Die Abrisskosten schätzt der Sachverständige auf 48 000 Euro: 40 000 Euro für das Haus, 8000 Euro für einen Schuppen.

Das Grundstück mit dem "Schimmelreiter" ist 2320 Quadratmeter groß und hat einen Wert von 590 000 Euro. Auch ein angrenzendes 2027 Quadratmeter großes Grundstück an der Ecke Bahnhofstraße/Kurt-Schumacher-Straße gehört Herta L., den Wert taxiert das Gericht auf 533 000 Euro.

Was könnte auf den Grundstücken passieren? Laut Gutachten ist allein auf dem "Schimmelreiter"-Grundstück eine Bebauung mit bis zu 2450 Quadratmeter Wohnfläche möglich, weitaus größer als das Gasthaus also.

Zu Beginn seiner Geschichte hieß das Gasthaus noch "Gasthof zum Bahnhof H.J. Lohmann". Damals hatte es eine rote Ziegelsteinfassade, die weiße Farbe kam später.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, dürfte das Gasthaus seine beste Zeit erlebt haben: Bauern lieferten Milch, Zuckerrüben und Bausand, die auf dem neuen Bahnhof umgeschlagen wurden. Gastwirt Lohmann schaffte sich eine Güterwaage an und kassierte Geld für das Wiegen. Die Eigentümer wechselten. Früher hieß der Schimmelreiter noch "Bahnhofsgaststätte Giese" und "Seidel Stübchen".