Für den Restaurant-Test haben wir zwei türkische Lokale besucht

Die Integrationsdebatte kocht weiterhin auf hoher Flamme. Wir wollten wissen: Wie gut sind türkische Gastwirte integriert in die gastronomische Landschaft südlich der Elbe und hatten erst einmal Schwierigkeiten, welche zu finden. Das Ergebnis: Jede Menge Imbisse und nur zwei ernsthafte Restaurants.

1. Bodrum

Viele ausländische Küchen besitzen klare kulinarische Identifikationsgerichte. Italiener haben Pizza und Pasta, Griechen ihr Giros mit Tzaziki, Chinesen die Nr. 267 (Ente süß-sauer), wir unsere Bratkartoffeln - und Türken? Türken haben Döner. Die am Spieß gebratenen Fleischstückchen sind Fluch und Segen jedes türkischen Wirtes. Wer sie anbietet, wird schnell zum Imbiss degradiert. Wer sie nicht anbietet, verzichtet auf wertvollen Umsatz.

In Lüneburg haben sich Kamer und Kalo Inanir für Döner entschieden. Seit 13 Jahren drehen sich ihre Spieße in der Altstadt. Doch ihnen gelingt der Spagat zwischen gefülltem Fladenbrot auf die Hand und Tellergerichten mit mehr Ambitionen. Erfreulich: Alles wird frisch gegart. Eine Friteuse ist lediglich das Zugeständnis an die Pommes-Fraktion.

Kurios: Es gibt zwar jede Menge türkische Gemüsehändler, aber als Gemüsebeilage meistens nur Auberginen oder Paprika. Salat ist die angesagte Begleitung zum Fleisch. Die offene Küche mit langem Tresen gewährt kritischen Kunden alle Einblicke. Der Lavagrill ist ihr Herzstück. Einiges kommt aus der Pfanne. Da es vielen Hungrigen offenbar an Fantasie fehlt, sich den Lammspieß mit Auberginen, Salat, Soße und Reis/Pommes (9,90 Euro) oder den Cici-Kebab-Grillteller mit Frikadellen, Dönerfleisch, Hähnchenbrustfilets, Salat, Soße und Reis/Pommes (7,90 Euro) vorzustellen, sind alle Gerichte vorsichtshalber fotografiert worden und leuchten überm Tresen.

Wer sitzen möchte, muss manchmal Wartezeit mitbringen, bis er einen Platz bekommt. Vor allem mittags. Dann brummt der Laden. Das hat drei Gründe: Qualität, Preis und Lage. Mittagsgäste wissen, dass sie für ein frisch gekochtes Essen nur 5,90 Euro zahlen. Zwei Varianten wechseln täglich. Auch die anderen Hauptgerichte trauen sich selten über die 10-Euro-Grenze. Die zentrale Lage tut ihr Übriges.

Wer im Zentrum zu tun hat, kommt zwangsweise am Bodrum vorbei. Bei Sonnenschein sitzen die Gäste draußen. Ein bisschen so wie in der Stadt, nach der Kamer und Kalo Inanir ihr Restaurant benannt haben. Der beliebte Ferienort wird als St. Tropez der Türkei bezeichnet. Türkische Gäste sind selten. Die Inhaber schätzen, dass nur 60 türkische Familien in Lüneburg wohnen. Abends gehen die Umsätze zurück. Das mag auch daran liegen, dass das Bodrum weder gemütlich noch durchgestylt ist. Parkplätze am Haus gibt es auch keine. Und draußen sitzen mag jetzt keiner mehr. Vieles wird hier von einem herzlichen Service kompensiert. Im Gästebuch auf der Homepage wimmelt es von Komplimenten an die Bedienung.

2. Öz Urfa

Das türkische Restaurant mit dem unaussprechlichen Namen ist in vielen Dingen ganz anders als das Bodrum. Trotz der zentralen Lage neben dem Phoenix-Center und gegenüber dem Cinemaxx-Kino bleiben Türken hier oftmals unter sich. Restaurantleiter Eyyüp Öközbogan schätzt die Zahl deutscher Gäste auf höchstens 25 Prozent. Seit seinem achten Lebensjahr lebt er in Deutschland. "Im Öz Urfa habe ich wieder türkisch gelernt", erzählt der Mann mit deutscher Staatsbürgerschaft. Ironie der Integration. Urfa ist seine Heimatstadt im Süden der Türkei. Öz Urfa bedeutet "das Original auf Urfa". Mittlerweile ist der Harburger Kebabsalon der dritte seiner Art, nach Hannover und dem Hamburger Steindamm. Alle betrieben von Großfamilie Öközbogan.

Und für mich die Entdeckung des Jahres!

Eröffnung war bereits 2006. Es hat etwas gedauert, bis ich mich hineintraute. Wahrscheinlich war der Hunger Schuld. Denn optisch gewinnt das Öz Urfa keinen Schönheitspreis, weder von draußen noch drinnen.

Auch hier gibt es zu jedem Gericht ein Foto, damit sich der Unwissende vorstellen kann, was sich hinter Kebab, Lahmacun oder Pide verbirgt. Beim ersten Besuch entschied ich mich gleich für das Flaggschiff des Hauses, die gemischte Grillplatte mit allen Spezialitäten (14 Euro). Was mir damals und bei allen weiteren Besuchen serviert wurde, ist mit Abstand das beste Grillfleisch zwischen Elbe und Heide. Lamm und Hähnchen auf den Punkt gegart, super zart, extrem gut gewürzt. Und das in einem Lokal, das sich selbst Schnellrestaurant nennt.

Wie kann das sein, Herr Öközbogan? "Unser Fleisch wird vor dem Grillen aufwendig eingelegt in eine Flüssigkeit aus Joghurt, Gewürzen und Tomatenmark", verrät der Chef. "So bleibt es saftig." Hinzu kommt die Tatsache, das es im Öz Urfa keinen Küchenchef gibt, sondern für jedes der drei wichtigen Gargeräte (Holzkohlegrill, Dönerspieß und Steinofen) einen Meister mit langjähriger Erfahrung. Savas Öközbogan lässt nichts anbrennen, ist ausschließlich fürs Grillen verantwortlich. Glühende Holzkohle mitten im Restaurant verleiht dem Fleisch und Gemüse ihr fantastisches Aroma. Bäcker Faik Dagdeviren steuert frisches Brot aus dem Steinofen bei. Weizengrieß und Salat ergänzen das Fleischvergnügen auf der Grillplatte.

Übrigens: Alkohol und Schweinefleisch sucht man in der Speisekarte vergebens. Für gläubige Gäste ist es wichtig, dass ihre Nahrungsmittel das Helal-Siegel haben, also auf eine bestimmte Weise hergestellt wurden und den Vorschriften des Koran befolgen. Deutsche Fleischfans, die mal auf Bier oder Wein zum Essen verzichten können, sollten das Harburger Öz Urfa unbedingt probieren.