Schustermeister Fritz Dehrmann zeigt in seinem Hittfelder Privatmuseum die Geschichte der Fußbekleidung

Hittfeld. Früher war alles besser - jedenfalls für die Füße. Das sagt einer, der es wissen muss: Fritz Dehrmann ist Schuhmacher seit 1948, seit 50 Jahren hat er sein Geschäft in Hittfeld. Jetzt zeigen Dehrmann und Ehefrau Ingrid in einem kleinen feinen Privatmuseum interessante Exponate aus der Geschichte der Schuhherstellung und -mode.

Anhand von Fußbekleidung aus aller Welt, von alten Werkzeugen und Proben von Leder, Gerbstoffen und Zubehör wird die Entwicklung seit Dehrmanns Berufsstart 1948 dokumentiert, doch auch Wehrmachtsstiefel aus dem Zweiten Weltkrieg sind zu sehen. Das älteste Ausstellungsstück ist ein 170 Jahre alter, noch gut erhaltener Kinderschuh, der um 1840 in Holland hergestellt wurde.

Zum einen besteht das Museum aus Flohmarktfunden und Schuhen, die Freunde und Bekannte beigesteuert haben, zum anderen gibt die Sammlung auch einen Rückblick auf Dehrmanns eigene Tätigkeit.

Wildschweinborsten dienten als Nähnadeln

Eröffnet wurde die Schau im August aus Anlass des 50-jährigen Geschäftsjubiläums - mit der Arbeit will Dehrmann (77) nun kürzer treten, dafür lädt er zusammen mit Ehefrau Ingrid (64) zu einer Zeitreise in die Welt der Schuhe ein - einen Schwerpunkt bildet der Rückblick auf seine eigene Arbeit, die 1948 mit der Lehre in Scharmbeck begann. Damals gab es 25 Mark Lohn pro Monat, die Schuhe wurden mit Lederfäden und Wildschweinborsten als Nadel genäht, Sohlen wurden mit Holznägeln statt mit Klebstoff befestigt.

Auch vor ungewöhnlichen Aufträgen und Größen schreckte der Hittfelder Schuhmacher nie zurück: So fertigte er im Jahr 1965 für eine Fernsehshow mit Peter Frankenfeld als Blickfang Schuhe für eine Elefantendame an - in Schuhgröße 108. Auch die alle drei Jahre stattfindenden Leistungswettbewerbe seiner Branche lockten seine Kreativität hervor. Regelmäßig kam Dehrmann mit Gold-, Silber- oder Bronzemedaillen aus Wiesbaden zurück.

Preisgekrönt wurden Reparaturarbeiten oder Neuanfertigungen. Unter anderem gefielen den Juroren die roten Damenschuhe mit bunten Lederapplikationen, oder die Schuhe für den eleganten Herrn, der auch noch gut aussehen will, wenn er die Füße lässig auf den Schreibtisch legt. Dann wird die Sohle sichtbar, auf der die Konturen von D-Mark- und Pfennigmünzen ins Leder eingeprägt und farbig ausgemalt wurden.

Für einen Zirkus entstanden Spezialschuhe für Clowns und Seiltänzer, auch der Sport hat es Fritz Dehrmann angetan. In den 1950er-Jahren war er ein erfolgreicher Leichtathlet, bestritt Rennen unter anderem gegen den späteren Olympiasieger und Weltrekordler Armin Hary. Mit Schuhen von Dehrmann, der noch heute mit Begeisterung läuft, standen auch schon die Fußballer des FC St. Pauli auf dem Platz. Im Schuhmuseum zeigen Nachbauten, wie Fußballschuhe vor der Erfindung der Schraubstollen aussahen.

Prominenten Besuch gab es regelmäßig im Geschäft in der Bahnhofstraße. Zu den Kunden zählen die Musiker von "Truck Stop", die hier ihre Westernstiefel anfertigen ließen und noch heute zur Reparatur bringen: "Die waren alle schon hier im Laden", sagt Ingrid Dehrmann.

Estefania kam gerne zum Kuchenessen in die Werkstatt

Aus dem benachbarten Tötensen kam Dieter Bohlens Exfreundin Estefania Küster her: "Sie hat immer mit uns Kuchen gegessen", erinnert sie sich.

Dass handgefertigte Schuhe nicht der pure Luxus für Großverdiener sein sollten, ist den Dehrmanns wichtig - auch wenn der Trend unaufhaltsam zu industriell produzierter Fußbekleidung zu gehen scheint.

"Handgefertigte Schuhe sehen einfach besser aus, sind gesünder zu tragen und halten viel länger", ist das Credo der beiden. Den Beleg liefert Ingrid Dehrmann selbst mit einem Paar Schuhe, das sie schon seit 20 Jahren trägt - hergestellt natürlich von Ehemann Fritz. Damit sei sie auch schon mal 14 Stunden auf den Beinen, ohne dass die Füße schmerzten.

"Früher haben die Leute ein bis zwei Wochen gearbeitet, um sich ein Paar Schuhe kaufen zu können", sagt Fritz Dehrmann. Übertragen auf heutige Verhältnisse sei demnach auch ein Maßschuh wirklich nicht zu teuer. Immer wieder ertappt er sich dabei, den Leuten auf die Füße zu sehen: "Das Schlimmste ist, wenn einer einen eleganten Anzug trägt und dazu billige Turnschuhe."