Staatsanwaltschaft Stade verhängt Geldstrafen von bis zu 3000 Euro wegen Tierquälerei

Stade/Wistedt. Die Staatsanwaltschaft Stade hat Strafbefehl gegen den Inhaber Rudolf Schwerk des Gänse-Mastbetriebes Schwerk in Wistedt und vier seiner Mitarbeiter beantragt. Den Männern werde vorgeworfen, am 30. Juni 2009 "bei rund 1300 Gänsen Brustfedern maschinell ausgerissen zu haben, wodurch die Tiere blutende und schmerzende Verletzungen erlitten", so der Sprecher der Stader Staatsanwaltschaft Kai Thomas Breas. Wegen Tierquälerei erwarten die Männer Geldstrafen zwischen 1500 und 3000 Euro. Der 84 Jahre alte Schwerk, der inzwischen die Leitung des Hofes an seine Söhne Manfred und Björn Schwerk übergeben hat, und seine ebenfalls beschuldigten Mitarbeiter im Alter zwischen 25 und 45 Jahren sind damit vorbestraft.

Zur Erinnerung: Im Sommer 2009 hatten Tierschutzaktivisten der Organisation Vier Pfoten heimlich aufgenommene Videos veröffentlicht. Die Aktivisten hatten gefilmt, wie die Mitarbeiter des Betriebes die Tiere bei lebendigem Leib unter bestialischen Qualen an Maschinen gerupft hatten, die nur bei toten Gänsen eingesetzt werden dürfen. Sie informierten das Veterinäramt des Landkreises Harburg und erstatteten bei der Polizei Anzeige wegen Tierquälerei.

Das Kreisveterinäramt unter der Leitung von Tierärztin Dr. Astrid Krüger war nach Bekanntwerden des Lebendrupf-Skandals massiv unter Druck geraten, weil dieser Gänsemast-Betrieb, der größte seiner Art im Landkreis Harburg, unter ständiger Kontrolle des Veterinäramtes gestanden haben soll. Die kontrollierenden Tierärzte aber hätten, nach Aussage Krügers, bei keiner ihrer Besuche in Wistedt lebend gerupfte und verletzte Tiere gesehen. Die Tierschützer hatten aus Reihen der Mitarbeiter erfahren, dass diese Praxis der Daunengewinnung in Wistedt schon seit Jahren zum täglichen Geschäft in den Sommermonaten gehört hätten (das Abendblatt berichtete). Die Daunen seien dann in den Handel gebracht worden.

Nach Veröffentlichung der grausamen Videos belegte das Veterinäramt Rudolf Schwerk zwar mit einem Tierhaltungsverbot und verplombte die Rupfmaschinen. Geöffnet wurden die Plomben nach Auskunft des Veterinäramtes nur noch, wenn geschlachtete Gänse in dem Betrieb gerupft wurden. Der Mastbetrieb blieb in der Familie. Die Söhne übernahmen das Geschäft. Gegen die jetzigen Betriebsinhaber ermittelt die Staatsanwaltschaft derzeit wegen des Verkaufs von angebrüteten Enteneiern, die als Delikatesse unter anderem an asiatische Lebensmittelgeschäfte in Hamburg verkauft worden sein sollen (das Abendblatt berichtete).

Staatsanwalt Breas betonte gegenüber dem Abendblatt, dass "Tierquälerei kein Kavaliersdelikt ist und von uns genauso verfolgt wird wie andere Straftaten auch. Aber", so der Sprecher der Staatsanwaltschaft weiter, "trotz umfangreicher und beispiellos aufwendiger Nachforschungen konnte der Vorwurf der systematischen Lebendrupfung von Gänseherden über einen längeren Zeitraum nicht bewiesen werden. Die gefilmte Lebendrupf-Aktion von rund 1300 Tieren wurden zugegeben." Es handele sich hier nicht um eine Geldbuße, sondern um eine ausgeurteilte Geldstrafe. Wegen der Geständnisse der Beschuldigten werde ihnen "peinliche Gerichtsverfahren" erspart.

Marcus Müller von Vier Pfoten zeigte sich enttäuscht über dieses "wachsweiche Urteil". Müller: "Es ist wirklich sehr traurig, dass solche harmlosen Strafen für Lebendrupf in Deutschland verhängt werden. Und für die Schwerks war es ein ausgezeichnetes Geschäft, wenn man bedenkt, dass der Gewinn aus dieser einen Lebendrupf-Aktion bei rund 20 000 Euro gelegen haben muss. Da sind 3000 Euro Strafe ein Klacks." Müller befürchtet, dass auch im nächsten Sommer der Lebendrupf in Wistedt wieder ein Thema sein könnte.

Müller weiter: "Zudem verzichtet die Staatsanwaltschaft auf einen öffentlichen Prozess. So werden entscheidende Informationen wie Zeugenaussagen, die jahrelangen Lebendrupf belegen, und die Abnehmer der Blutdaunen in der deutschen Daunenindustrie für die Öffentlichkeit geheim bleiben. Angesichts der Preise für Lebendrupfdaunen von 20 Euro pro Kilo - Schwerk produzierte rund 1200 Kilo Daunen - und den staatlichen Subventionen von 650 000 Euro in den letzten Jahren wirkt die Geldstrafe wie blanker Hohn und zeigt anderen Gänsezüchtern, dass diese lukrative Tierquälerei aus der Portokasse bezahlbar ist."

Die Rupfmaschinen in dem Wistedter Betrieb sind inzwischen nicht mehr verplombt, weil diese Auflage nur für ein Jahr galt, wie Kreissprecher Georg Krümpelmann in Winsen jetzt mitteilte. Der Betrieb aber werde weiter kontrolliert.