Jetzt habe ich den Wunsch, mal etwas Respektloses zu schreiben. Und zwar über die Leute, denen ich nicht so gern beim Essen zuhöre.

Es sind jene Leute, die Blusen, Hemden oder T-Shirts locker über den Gürtel fallen lassen. So verbergen sie ihre fülligen Formen. Sie verdrücken mit angeekeltem Gesichtsausdruck zwei Stücke Sahnetorte und stöhnen: "Das sind ja fürchterliche Kalorienbomben." Oder sie greifen nach anderen Kuchenstücken und fragen: "Wissen Sie, wie hoch die Kalorienwerte gerade bei diesem Gebäck sind? Da hat man nur beim Hingucken eine Tagesration auf den Knochen."

Dieses Wissen hindert sie aber nicht, zwei Tagesrationen zu vernaschen, allerdings mit verschämtem Seitenblick. Ohne, dass Zuhörer es wissen wollen, beten sie Kalorientabellen herunter. Dabei schlürfen sie mehrere Bierchen, oder Likörchen. Sie benutzen oft die verniedlichende Sprachform. Sie sagen Portiönchen, Häppchen, Schlückchen oder Stückchen, vorzugsweise bei allem, was sie selber essen und trinken.

Unaufhörlich berichten sie von verschiedenen Diät-Programmen, die sie schon am nächsten Tag beginnen wollen. Oder vielleicht auch erst nächste Woche, weil sie übermorgen zum Essen eingeladen sind, und es unhöflich sei, dort abzusagen. Diese Leute können nicht genießen. Sie scheinen sich zu schämen, dass sie überhaupt essen. Vielleicht macht gerade das dick, wer weiß? Dabei fällt mir ein altes französisches Sprichwort ein: "Qui a honte de manger a honte de vivre. - Wer sich zu essen schämt, schämt sich zu leben."

Darum esse ich gern zusammen mit schlanken oder nicht so dicken Genießern. Sie können meistens wunderbar vom Essen schwärmen.