Der Kirchenkreis Hittfeld reduziert den Zuschuss zum Buchholzer Sprachcafé . Jetzt ist die Stadt gefragt

Buchholz. Seit 15 Jahren lebt Leila* in der Nordheide. Ihre fünf Söhne gehen in Buchholz zur Schule, die Wohnung der Familie hat die 35 Jahre alte Türkin schön hergerichtet. Mittwochs besucht sie oft das Mehrgenerationenhaus Kaleidoskop. Hier treffen sich von 12 bis 14 Uhr deutsche und ausländische Männer und Frauen im Sprachcafé - tauschen sich aus, über ihr Herkunftsland, über die für viele der Teilnehmer fremde Kultur ihrer Wahlheimat. Hier trainieren sie ihr Deutsch. Was sie eint? Der Wunsch sich in der Fremde mehr Zuhause zu fühlen.

Darüber, das es eine solche Einrichtung in Buchholz gibt, freuen sich Laila und die anderen Teilnehmer sehr. Doch deren Existenz hängt in diesen Tagen am seidenen Faden. Der Grund: Das Sprachcafé ist eines von etwa zehn Projekten, die von der Migrationsberatungsstelle im Kirchenkreis Hittfeld durchgeführt werden.

50 Prozent der Stelle zahlt die Landeskirche

Darüber hinaus bietet die Migrationsberaterin Dorothea Gabelmann Einzelberatungen in Buchholz, Tostedt und Neu Wulmstorf an. Ihr Träger: Das Diakonische Werk. 50 Prozent der Stelle zahlt die Landeskirche in Hannover - die andere Hälfte der Kirchenkreis Hittfeld. Bisher jedenfalls. "Ab Januar 2011 reduziert der Kirchenkreis seinen Anteil auf zehn Prozent. Sparzwänge", so Ute Schui-Eberhart, ehrenamtliche Leiterin des Sprachcafés. Damit fehlen im kommenden Jahr fast 25 000 Euro. Und nicht nur das: Könne der Kirchenkreis-Anteil nicht gedeckt werden, werde auch die Landeskirche ihre Finanzierung reduzieren. Nun soll die Stadt Buchholz einspringen.

"Das Diakonische Werk hat einen Antrag an die Verwaltung gestellt", so die stellvertretende Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Ines Appel. Ebenso an die Gemeinden Neu Wulmstorf und Tostedt. "Von Buchholz erhoffen wir uns für 2011 einen Zuschuss von 6000 Euro", so Ines Appel.

Im Sozialausschuss der Stadt Buchholz war die Unterstützung des Sprachcafés bereits Thema. "Integration ist eine öffentliche und gesellschaftliche Aufgabe", so die stellvertretende Ausschussvorsitzende Gabriele Wenker. "Wenn wir diese Aufgabe an einen Dritten delegieren können, wird das für die Stadt viel günstiger." So sprach sich die Bündnis 90/ Die Grünen-Politikerin für eine finanzielle Förderung durch die Verwaltung aus. Zwar gebe es auch bei der Stadt Buchholz eine Fachkraft zum Thema Migration, doch deren Angebot richtet sich hauptsächlich an Kinder und Jugendliche. Das von Dorothea Gabelmann jedoch hauptsächlich an Familien. "Dabei sehen wir doch gerade an der aktuellen Integrations-Debatte, wie wichtig der Erhalt einer solchen Stelle ist", so SPD-Frau Ute Schui-Eberhart.

Sie glaube auch, dass es zehn bis 15 Prozent integrations-unwillige Migranten gebe, von denen Experten sprechen. Doch das sei ein sehr geringer Teil. Die Menschen, die in das Sprachcafé kommen, wollen sich integrieren.

Leilia besucht schon den dritten Sprachkurs. "Es tut weh, wenn ich meinen Kindern in der Schule nicht helfen kann, sagt sie." Sie weiß auch, dass sie selbst die Sprache lernen muss, um eine gute Arbeit zu bekommen. Alexander spreche schon sehr gut - da sind sich die anderen Teilnehmer einig.

Die Kursusteilnehmer hoffen, dass es weiter geht

Der Russe ist 2000 nach Deutschland gekommen, weil seine Frau hier einen Job angeboten bekommen hatte. Der Ingenieur ist noch immer auf Stellensuche. Thi Long, 58, kam vor 31 Jahren aus Vietnam nach Buchholz. Auch sie hat einige Sprachkurse hinter sich. "Aber seit die Kinder aus dem Haus sind, sprechen mein Mann und ich hauptsächlich Vietnamesisch miteinander. Mein Deutsch ist wieder schlechter geworden", bedauert sie. Thi Long weiß, dass sie immer am Ball bleiben muss. Sie hofft, dass es mit dem Sprachcafé weiter geht.

"Einen Teil des Geldes, das bald fehlt, kann durch eine 15 000 Euro-Spende einer Hamburger Stiftung aufgefangen werden und durch die Mitgliedsbeiträge des Fördervereins Integration und Migration Nordheide e.V., der sich extra zu diesem Zweck gegründet hat", so Ines Appel.

"Aber brauchen Sie dann wirklich 6000 Euro?" wollte der erste Stadtrat Jan-Hendrik Röhse (CDU) im Ausschuss wissen. Die Verwaltung habe sich mit den Kollegen in Tostedt und Neu Wulmstorf abgestimmt. "Wir haben grundsätzlich ein Problem damit, wenn die Vereine sagen: Wir nehmen weniger Geld ein, übernehmt ihr. Auch die Haushaltslage der Verwaltung ist nicht einfach", vertrat der erste Stadtrat den Standpunkt der Verwaltung. "Und wie soll ich unseren Wählern erklären, dass wir alleine eine Leistung zahlen, die alle betrifft", wollte Frank Giesler (CDU) wissen. Woraufhin Röhse an die Aufgabe eines Mittelzentrums wie Buchholz erinnerte, das zu leisten, was andere vielleicht nicht leisten können. Außerdem finden allein in Buchholz fast 300 Beratungen statt, gab Ines Appel zu bedenken, in Neu Wulmstorf seien es 50, in Tostedt 80.

In den Buchholzer Haushalt 2011 sollen zusätzlich bis zu maximal 6000 Euro für die Migrationsberatungsstelle aufgenommen, vorausgesetzt die Finanzierung der Vollzeitstelle ist gesichert. So die Empfehlung des Ausschusses. Als nächstes wird der Rat über diesen Antrag entscheiden - ebenso wie über den Antrag, das Mehrgenerationenhauses Kaleidoskop mit 15 000 Euro zu fördern.

* Name von der Redaktion geändert