Laut Abschlussbericht gab es im Fall Slawik C. zwischen den Sachbearbeitern keine enge Abstimmung

Winsen. Im Fall Slawik C. räumt die Kreisverwaltung des Landkreises Harburg Versäumnisse in der Arbeitsweise der Ausländerbehörde ein. Das geht aus dem Abschlussbericht der Verwaltung hervor. Danach hat es in diesem Fall keine enge Abstimmung zwischen verantwortlichen Sachbearbeitern gegeben. Bisherige Widersprüche in den Aussagen von Landrat Joachim Bordt (FDP) und seinem Bereichsleiter Ordnung, Friedrich Goldschmidt, zuständig für die Ausländerbehörde, sind aber nach wie vor unaufgeklärt.

Familie wurde von der Behörde in Winsen jahrelang nur geduldet

Zur Erinnerung: Am 2. Juli 2010 hatte sich der 58 Jahre alte Slawik C. in seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt Hannover-Langenhagen mit dem Elektrokabel seines Wasserkochers erhängt, weil er nach Armenien abgeschoben werden sollte. Wenige Tage vorher war der Mann vor den Augen seiner Familie in den Räumen der Ausländerbehörde im Winsener Kreishaus in Abschiebehaft genommen worden.

Seit elf Jahren lebte Slawik C. mit seiner Familie in Jesteburg, hatte sich gut integriert, Sohn Samuel hatte im Sommer gerade seine Ausbildung als Maler und Lackierer abgeschlossen und einen Arbeitsvertrag unterschrieben. 1999 war die Familie, nach eigenen Angaben "Aserbaidschaner armenischer Volkszugehörigkeit", nach Deutschland geflohen, weil sie sich in ihrer Heimat nicht mehr sicher gefühlt hätten, nachdem ein Sohn auf ungeklärte Weise während seines Militärdienstes ums Leben gekommen sei.

Nachdem der Asylantrag der Familie zuerst anerkannt, die Anerkennung dann aber wieder revidiert worden war, wurden Slawik und seine Frau Asmik C. jahrelang von der Ausländerbehörde in Winsen nur geduldet. Die Ausländerbehörde glaubte der Familie nicht, dass sie aus Aserbaidschan komme, auch an der Richtigkeit der angegebenen Personalien wurde in Winsen gezweifelt. Sohn Samuel bekam allerdings eine befristete Aufenthaltsgenehmigung.

Die Behörde geriet nach dem Selbstmord wegen ihrer Arbeitsweise in Kritik. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen wirft der Behörde vor, sich wissentlich falsche Passersatzpapiere besorgt und somit Slawik C. ohne rechtliche Grundlage in Abschiebehaft geschickt zu haben. Inzwischen hat die Witwe des Mannes, Asmik C., Strafanzeige gegen die Ausländerbehörde gestellt.

Auf öffentlichen Druck hin musste Bordt zugeben, dass seine Behörde den Haftantrag fälschlicherweise beim Amtsgericht damit begründet habe, dass ein gegen Slawik C. eingeleitetes Personenfeststellungsverfahren eindeutig die Identität des Mannes geklärt habe und die für eine Abschiebung nötigen Passersatzpapiere vorlägen. Richtig ist, dass das Verfahren vom Bundeskriminalamt eingestellt worden war, weil die aus Armenien gelieferten Papiere falsch waren. Schließlich räumte Bordt diesen Fehler ein. Der Landrat versprach lückenlose Aufklärung des "tragischen Falls". Bordt hatte im Sommer auch gesagt, die Ausländerbehörde habe dem Antrag auf Ausstellung von Ersatzpapieren im Januar dieses Jahres an die Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde zwei Datensätze beigefügt, die Datensätze des eingestellten Personenfeststellungsverfahrens, also nachweislich falsche Daten, und die Angaben von Slawik C. zu seiner Identität.

Urlaub und Personalwechsel schuld an fehlender Absprache

Bordt sagte während einer Pressekonferenz: "Ich dränge darauf, von der Behörde zu erfahren, welche Daten denn nun tatsächlich für die Ausstellung der Ersatzpapiere benutzt wurden." Kurze Zeit später, der Fall Slawik C. stand auf der Tagesordnung des Ordnungsausschusses des Kreistages, sprach Goldschmidt nur noch von einem Datensatz, nämlich den Angaben von Slawik C., auf dessen Basis die Ersatzpapiere von der Ausländerbehörde besorgt worden seien.

In dem Abschlussbericht der Kreisverwaltung, der erst jetzt auf Drängen der Grünen dem Kreistag vorgelegt wurde, wird Goldschmidts Darstellung des Vorgangs wiederholt. Da heißt es: "Die Ausländerbehörde des Landkreises Harburg bat deshalb im Januar 2010 die Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde (ZAAB) in Lüneburg, bei der Armenischen Botschaft die Ausstellung eines Passersatzpapiers zu beantragen. Dabei wurden von der Kreisverwaltung nur die von Slawik C. selbst bestätigten Daten verwendet." In dem Zwei-Seiten-Bericht heißt es weiter: "Bereits vor dem tragischen Fall von Slawik C. erfolgte in der Ausländerbehörde in Abschiebehaftangelegenheiten eine enge Abstimmung zwischen den verantwortlichen Sachbearbeitern. Durch Urlaub und Personalwechsel ist dieses in diesem Fall versäumt worden.

Dieses Versäumnis ist gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten durch die Verwaltungsleitung gerügt worden. Außerdem wurde angeordnet, dass neben der Sicherstellung des 'Vier-Augen-Prinzips' auch bei Urlaub, Krankheit, Personalwechsel etc. durch entsprechende Vertretungsregelungen zukünftig alle Abschiebefälle dem Abteilungsleiter und dem Fachbereichsleiter zur Entscheidung vorzulegen sind."