Leipziger Bruderpaar in Winsen vorm Amtgericht

Winsen. Die Aufträge kamen immer per Fax. Manchmal sollten die Brüder Gerüststangen besorgen, ein anderes Mal Deckenstützen - über die Bezahlung wurde anschließend am Telefon verhandelt.

Von März 2008 bis April 2009 haben die Leipziger Steffen, 33, und Michael S., 27, einer Winsener Gerüstbaufirma Material im Wert von 45 000 Euro gestohlen. Jetzt mussten sie sich deshalb vor dem Amtsgericht Winsen verantworten. Das Urteil des Schöffengerichts: Ein Jahr und sechs Monate Gefängnisstrafe auf Bewährung wegen besonders schwerem Diebstahl in zwölf Fällen.

Eigentlich waren die beiden Unternehmer aus Leipzig angeheuert, um die von der Winsener Baufirma ausgeliehenen und zurückgegebenen Gerüstteile zu säubern - dafür reisten sie montags an und fuhren donnerstags wieder nach Hause.

"Von einem Kumpel habe ich erfahren, dass eine Leipziger Logistikfirma solches Material gebraucht ankauft, mit dem unser Winsener Arbeitgeber handelt", sagte Steffen S. vor Gericht aus. In bar und ohne Rechnung. Daraufhin habe er den Händler angerufen. Und tatsächlich: Der habe den Brüdern einiges abkaufen wollen. Das diese Geschäfte nicht legal waren, sei ihnen klar gewesen.

"Zwei-, dreimal haben wir Teile aus dem Schrott-Container gezogen und mit unserem Mercedes Sprinter nach Leipzig gefahren." Aber das habe ihrem Auftraggeber bald nicht mehr gereicht. Seine Forderung: mehr Ware und besser erhaltene. "Er wollte sogar einen Lastwagen nach Winsen schicken", so Steffen S. Aber das haben die Brüder sofort abgelehnt. "Viel zu gefährlich. Das wäre doch aufgefallen!"

Also haben die Brüder einen eigenen Anhänger organisiert.

Montagfrüh seien sie in der Regel in Winsen angekommen, das Auftrags-Fax in der Tasche. Dienstagabends, wenn alle anderen Mitarbeiter bereits Feierabend hatten, haben sie das Material geklaut und in den Anhänger geladen. Donnerstagmittag ging es wieder Richtung Sachsen. Schon auf der Heimfahrt haben die Brüder mit dem Auftraggeber per Handy den Preis der Ware ausgehandelt.

Was damit weiter geschehen sei - wollte Richterin Lidia Mumm wissen. "Keine Ahnung, wahrscheinlich sofort ins Ausland verkauft", so Steffen S. Über ein Jahr ging das so, bis den Brüdern im April 2009 die Polizei auf die Schliche gekommen ist.

Steffen S. gab auf jede Frage bereitwillig Auskunft, er wolle nichts verschweigen, reinen Tisch machen, versicherte der Leipziger. Das gelte auch für ihn, beteuerte sein Bruder Michael auf Nachfragen des Gerichts. "Wir bereuen sehr, was wir getan haben."

"Das ist auch der Grund, warum sie hier mit einem blauen Auge davonkommen", erklärte die Richterin das milde Urteil. Und wahrscheinlich auch der Umstand, dass Steffen und Michael S. durch ihre Geständigkeit zur Aufklärung des Falls maßgeblich beigetragen haben.

Die Schadenssumme in Höhe von über 45 000 Euro soll durch die vier Beklagten geteilt werden: Steffen und Michael S. müssen ebenso rund 11 000 Euro Wiedergutmachung an die Winsener Gerüstbaufirma zahlen wie Senior- und der Junior-Chef der Leipziger Logistikfirma. Die Brüder wirkten nach diesem Urteil sichtlich erleichtert.

Doch so ganz ist die Sache noch nicht erledigt. Noch einmal müssen sie vor Gericht erscheinen: als Zeugen im Prozess gegen die Chefs der Leipziger Logistikfirma.