Weitere 518 Gehölze sollen in dieser Fällsaison weichen

Wilhelmsburg. Mit seiner rechten Hand umgriff Heiner Baumgarten, 59, den Stamm eines Bäumchens, das Arbeiter gerade auf einer Brachfläche am Stillhorner Hauptdeich in Moorwerder eingepflanzt hatten. "Das ist eine Weißbuche mit fünf Zentimeter Stammdurchmesser", sagte der Geschäftsführer der Internationalen Gartenschau (igs), die im April 2013 in Wilhelmsburg ihre Pforten öffnen wird.

Die junge Weißbuche von Moorwerder ist einer von ein paar hundert Bäumen und Sträuchern, die Heiner Baumgarten derzeit im Wilhelmsburger Osten pflanzen lässt. Das macht der Manager nicht, um seinem Nachnamen eine Ehre zu erweisen, sondern weil er auf dem Gartenschaugelände schon 1749 stattliche Bäume hat fällen lassen - die große Mehrzahl hatte einen Stammdurchmesser von mehr als 25 Zentimetern und muss deshalb ersetzt werden.

1300 Bäumchen will die igs im Wilhelmsburger Osten pflanzen lassen. Und 920 auf dem Gelände der künftigen Gartenschau - 200 davon allerdings erst nach 2013, weil sie im Präsentationsjahr Eis- und Pommesbuden im Weg stehen würden.

Am Donnerstagvormittag nannte der igs-Chef in der Kapelle im Mengepark die Zahl der Bäume, die er in diesem Winter noch zusätzlich fällen lassen will: "518 Bäume sind beantragt." Die igs, eine Tochter der Stadt Hamburg, räumt allerdings ein: "Das heißt nicht, dass das Bezirksamt Mitte alle Fällungen genehmigen wird." Vor allem Erlen, Birken und Ahorn müssen an die Kettensäge glauben.

Die igs begründet ihre Fällpläne so: 297 Bäume müssen "dem Landschaftsbau weichen, um wertvolle, markante Einzelbäume freizustellen, Wege von Ost nach West anzulegen oder Blickbeziehungen zwischen Wasser- und Parkbereichen herzustellen". 80 Bäume weichen für die Gartenschaubahn, 74 für den Grabenausbau, die Grabenpflege und den Brückenbau, 52 für den Kampfmittelräumdienst, 15 für Straußen- und Hochbau sowie den Lärmschutz.

Mit 518 Bäumen liegt der Fällbedarf von Heiner Baumgarten deutlich höher als Anfang des Jahres angekündigt: Am 17. Februar sagte Heiner Baumgarten auf Anfrage der Rundschau im Wilhelmsburger Bürgerhaus: "Bis zu 300 Bäume müssen in der Fällsaison 2010/11 entfernt werden."

Umso unverständlicher ist es deshalb, dass Heiner Baumgarten am Mittwochabend vor dem Mitte-Ausschuss für Verkehr und Umwelt behauptete, dass die igs "150 bis 200 Bäume weniger" (!) fällen werde, als ursprünglich geplant. Auch gestern sagte der igs-Chef: "Durch sensible Planungen schonen wir die wertvollsten Naturbereiche und halten die Eingriffe in den Baumbestand so gering wie möglich."

Auch nach den geplanten 518 Fällungen ist noch nicht ganz Schluss mit dem Baumsterben im Herzen Wilhelmsburgs: "Im weiteren Gestaltungsprozess können bis 2013 noch einige wenige Baumfällungen notwendig werden. Deren Zahl wird jedoch maximal im zweistelligen Bereich liegen", sagt Heiner Baumgarten.

Der igs-Chef räumte auf Anfrage der Harburger Rundschau ein, dass igs, die Internationale Bauausstellung (IBA) und der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in Wilhelmsburg insgesamt "rund 3000 Bäume" abholzen. Er räumte auch ein, dass er "nicht wüsste", dass für eine Gartenschau schon einmal so viele Bäume gefällt worden sind. Für die jungen Ersatzbäume in Moorwerder hat Heiner Baumgarten indes eine ernüchternde Prognose: "Ich werde nicht mehr erleben, dass hier der Specht klopft."